Geschichte der
Lemmel-Forschung
von Hans-Dietrich Lemmel
Powerpoint-Vortrag am Familientag
Lemmel/Lämmel/Lämmlein
in Lichtenwalde bei Chemnitz, 1.-2. Mai 2008
.
Mit einigen Ergänzungen.
1. Einleitung
Stammvater der meisten Lemmel/Lämmel/Lämmlein ist der Kaufmann Chunrad Lembelin, der um 1300
in Nürnberg lebte. Dass die Geschichte einer
bürgerlichen
Familie zwischen diesem Chunrad Lembelin bis
zur Gegenwart
nahezu vollständig erforscht werden konnte, mit
etlichen tausend Personen, ist
erstaunlich. Das gibt es bei kaum einer anderen bürgerlichen
Familie. Es ist ein Zufall, dass die Nachkommen dieses Chunrad Lembelin
vorwiegend in Gegenden lebten, wo die Urkunden erhalten sind. Nur
wenige Familienzweige lebten in Gegenden, etwa in Schlesien, wo die Urkunden durch kriegerische Ereignisse
vernichtet
wurden, so dass weiter zurück liegende Forschungen nicht mehr
möglich sind.
Die Familienforschung bürgerlicher Familien gibt es erst seit
etwa
einem Jahrhundert. Davor interessierte man sich mehr für die
Adelsfamilien. In den Schulen musste man die Genealogien der
Herrscherhäuser lernen, und über die eigene Familie
wusste
man wenig. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und dann nach dem Ersten
Weltkrieg in den 1920er Jahren fingen auch bürgerliche
Familien
an, sich für ihre Familiengeschichte zu interessieren. Es
entstanden Familienforschungsvereine wie der "Herold" in Berlin, der
"Roland" in Dresden, der "Adler" in Wien, die "Zentralstelle
für
deutsche Personen- und Familiengeschichte" in Leipzig. Besondere
Bedeutung hatte der Verlag C.A.Starke in Görlitz, der neben
Adels-Handbüchern auch seit 1889 das "Genealogische Handbuch
Bürgerlicher Familien" herausgab, von dem bis heute 220
Bände
existieren, heute unter dem neuen Namen "Deutsches Geschlechterbuch".
2. Wien
Der erste Lemmel-Zweig, der sich auf seine Geschichte besann war eine
Wiener Offiziers- und Beamtenfamilie Lemmel/Lämmel im 19.
Jahrhundert. Da besann man sich vage, dass die Familie früher
einmal adeligen Standes gewesen sei. Um dieses zu belegen, besorgte man
alte Urkunden aus Kirchenbüchern und Regimentsakten. Der
früheste Ahnherr, den man fand, war der bayerische Leutnant,
Regiments-Quartiermeister und Kriegskommissar Johann Georg Lemmel von
Seedorf, der um 1689 in Seedorf in Niederschlesien geboren wurde und
1763 in Ingolstadt starb. Dieses erforschte um 1840 der k.k.
Kreissekretär
Wenzel Aloysius Lemmel von Seedorf.
Wenzel
Aloysius Lemmel von Seedorf und sein Wappen
Er hat ein kompliziertes Wappen mit 6 Feldern und zwei Helmen. Nur in
einem Feld ganz unten kann man ein Lamm erkennen. Gegenüber
ist
eine Seejungfrau, die für Seedorf steht. Der Ursprung der
anderen
Wappenfelder ist unbekannt.
Sein Enkel war der Tiroler Kaiser-Jäger Alfons Lemmel, der
einen
umfangreichen Briefwechsel führte, um eine
Bestätigung seines
Adels zu bekommen. Darüber gibt es umfangreiche Akten sowohl
im
Bayrischen Staatsarchiv München als auch im
Österreichischen
Verwaltungsarchiv in Wien. Unter anderem schrieb Alfons Lemmel, dass er
im Jahre 1880 zum k.k. Offizier ernannt worden sei und dass er nun
Unterlagen zur Anerkennung seines Adels benötige.
Brief
des Offiziers Alfons Lämmel 1880 an das bayrische Heroldsamt
Zu diesem Zwecke habe er in Wien 5 Taufscheine seiner Vorfahren
vorgelegt, die aber zur Anerkennung des Adels nicht ausgereicht
hätten. Jedenfalls bekam Alfons Lemmel schließlich
vom
Kaiser Franz Josef im Jahre 1885 seinen Adel bestätigt. 1896
bekam
er einen Adels- und Wappenbrief, wonach er und seine Nachkommen sich
"Ritter Lemmel von Seedorf" titulieren dürfen.
Adelsbestätigung
1896
Das Wappen Lemmel
von Seedorf
In dem Wappen finden wir wieder in einem Feld das Lamm, in
einem
anderen die Seejungfrau für Seedorf. Die Geschichte der
Seedorfer
Lemmel wurde dann 1926 im Wiener Genealogischen Taschenbuch
veröffentlicht, und 1971 in Hannover und 1976 in Wien wurden
zwei
unserer Familientage von den Seedorfer Lemmeln organisiert.
3.
Sachsen
Alle anderen Lemmel und Lämmel waren freilich
bürgerliche Familien, von denen besonders viele in Sachsen
lebten.
Hier gab es viele Ansatzpunkte zur Lämmel-Forschung.
Als
Beispiel hier ein Doppelhaus in Auerbach im Erzgebirge in der Thumer
Straße.
Das Lämmelhaus in
Auerbach/Erzgebirge um 1920
Da wohnten um 1920 zwei Lämmel-Familien, beides Strumpfwirker:
rechts Osmar Lämmel mit 2 Kindern, links Max Lämmel
mit 3
Söhnen. Sie wussten nicht, und konnten es nicht wissen, wie
sie
mit einander verwandt waren. Erst heute wissen wir, dass sich ihre
Vorfahrenlinien erst nach 10 Generationen um 1500 treffen. Max
Lämmel, in der linken Wohnung, war ein Onkel des
Strumpfwirkers
Willy Lämmel, dem Großvater von unserem Horst
Lämmel in
Thalheim, der heimatkundliche Dokumentar-Videos herstellt. Schon Willy
Lämmel sammelte Material über das Erzgebirge, und das
wurde
der Grundstock der Sammlung, mit der der Enkel Horst Lämmel
seine
Filme macht.
Einer der ersten der sächsischen Lemmel/Lämmel, der
Familienforschung betrieb, war der 1873 in Chemnitz geborene Paul
Lemmel aus dem Stamm Leukersdorf.
Paul Lemmel mit seiner
Frau Hedwig geb. Etzold
Er war zunächst Schuhmacher, dann Gefreiter und Taucher im
1.Weltkrieg, dann Schlosser bei der Reichsbahn. Im Alter von 96 Jahren
starb er 1969 in Annaberg.
Paul Lemmel um 1968
Er konnte seine Vorfahren zurückverfolgen bis zu Carl Gottlieb
Lämmel, der 1793 in Stelzendorf bei Chemnitz geboren wurde, wo
er
als Strumpfwirker lebte und schließlich
Strumpfwarenhändler
und Strumpffabrikant wurde.
Carl
Gottlieb Lämmel und die Zeitungsanzeige von 1879 über seinen Tod
Im Jahre 1924 schrieb Paul Lemmel seine Familiengeschichte auf und
versah sie mit vielen Dokumenten und Fotografien. Sein Neffe und
Pflegesohn Erich Lemmel, der 1992 im Alter von 93 Jahren in Chemnitz
starb, übergab mir die ganze Sammlung.
Erich Lemmel
Über den Ursprung der Familie berichtete Paul Lemmel, dass er
in
früher Kindheit öfters gehört hatte, "dass
die Lemmels
den Adel gehabt hätten, denselben aber verkauften", um sich
vom
Erlös Webstühle anzuschaffen. Was eindeutig ein
Märchen
ist. Er schrieb weiters, dass es naheliege, dass "die Lemmels
Abkömmlinge eines in einer Urkunde besagten, geadelten
böhmischen Fabrikanten seien." – Aber das sind
Gerüchte.
Freilich: der böhmische Adelige, von dem Paul Lemmel hier
berichtete, existierte tatsächlich.
Simon Lämel
Simon Lämel war ein Großhändler in Prag,
der in den
napoleonischen Kriegen die österreichische Armee belieferte
und
dafür im Jahre 1812 vom Kaiser Franz den
österreichischen
Adelsstand erhielt, als Simon Edler von Lämel.
Sein Adelsbrief
Wie man hier sieht, hatte auch er ein Lamm im Wappen. Aber es steht
fest, dass dieser Lämel nicht zu unserer Familie
gehört. Es ist eine
interessante jüdische Familie, mit Verwandtschaften mit dem
Dichter Hugo v.Hofmannthal und mit dem Komponisten Arnold
Schönberg. In Jerusalem gibt es heute noch eine
Lämmel-Schule
und ein Lämmel-Krankenhaus, die von dieser
österreichischen
Familie gestiftet wurden.
[Wikipedia]
Es ist ein Zufall, dass diese Familie den
selben Namen führt wie wir. Man lernte, dass nicht alle Lemmel
und
Lämmel zur selben Familie gehören, und es blieb
weiterhin
eine interessante Frage, ob wenigstens alle sächsischen Lemmel
und
Lämmel zur selben Familie gehören.
Also mit dem böhmischen Adeligen war unser Paul Lemmel aus
Stelzendorf auf einer falschen
Fährte. Aber er verfolgte auch eine andere Spur, die sich viel
später als richtig herausstellte. Paul Lemmel hatte schon
damals
herausgefunden, dass es in Nürnberg eine mittelalterliche
Lemmel-Familie gab, mit einem Lamm-Wappen, von dem Paul Lemmel eine
farbige Zeichnung anfertigte.
Lemmel-Wappen,
von Paul
Lemmel um 1900
gezeichnet
Das Wappen muss er bereits um 1900 gezeichnet haben. Er versah die
Wappenzeichnung mit der Jahreszahl "1321". Woher er diese Jahreszahl
hatte, war langezeit unverständlich. Sie stammt aus einer
Chronik, in der erwähnt ist, dass im Augsburger
Bürgerbuch im Jahre 1321 ein "Lammelin" vorkommt, aber dieser
Lammelin hat wohl nichts mit unserer Familie zu tun. Paul Lemmels
Wappenzeichnung mit dem Lamm auf
dem "Dreiberg" stimmt mit echten Lemmel-Wappen aus dem 15. Jahrhundert
gut überein, und ein ungefähr entsprechendes
Lemmel-Wappen
gibt es im Siebmacherschen Wappenbuch von 1884 unter der
Überschrift "Abgestorbener bayerischer Adel –
Lemmlein".
Lemmel-Wappen,
Siebmacher 1884
Dieses Wappen mag Paul Lemmel als Vorlage benutzt haben. Aber im
Siebmacherschen Wappenwerk gibt es im Zusammenhang mit den Lemmeln
keine Erwähnung einer Jahreszahl 1321. – Paul Lemmel
ließ
seine Wappenzeichnung in einer schwarz-weißen Version auf
einer
Karte drucken, und diese Wappenkarte war bei den sächsischen
Lemmeln und Lämmeln weit verbreitet.
4. Ostpreußen
Mein eigener Lemmel-Zweig lebte in Ostpreußen.
Hier war es
schon die Generation meiner Großeltern, die um 1900 mit der
Familienforschung begann. Schon vor dem 1.Weltkrieg wurden zwei
Familientage in Berlin abgehalten. Im Jahr 1910 erschien die erste
Geschichte
der ostpreußischen Lemmel im Genealogischen Handbuch der
bürgerlichen Familien: "Lemmel
aus Johannisburg in
Ostpreußen, evangelisch, zu Königsberg, Berlin,
Leipzig..."
und so weiter.
"Lemmel
aus Johannisburg" im Genealogischen Handbuch 1910
Heinz und Erich Lemmel aus
Königsberg auf dem Bamberger Familientag 1973
Die beiden Königsberger Vettern, der Arzt Heinz
Lemmel und
der Kaufmann Erich Lemmel wurden dann aktive Mitglieder des
ostpreußischen Familienforschungs-Vereines und erforschten
die
ostpreußischen Lemmel im Königsberger Staatsarchiv
und in
Kirchenbüchern. Und 1937 ließ Heinz Lemmel eine neue
erweiterte Fassung der ostpreußischen Lemmel-Geschichte
drucken.
Diese Familiengeschichte kam gerade recht, um darin meine Geburt
anzuzeigen. Gewissermaßen wurde mir die Familienforschung in
die
Wiege gelegt.
Dieses Bild zeigt die Universität in Königsberg. Hier
kam es
im Jahre 1929 zu einer wichtigen familiengeschichtlichen Begegnung.
Mein Onkel, der Doktor Heinz Lemmel, hatte als junger Arzt die
Studenten zu untersuchen, die sich an der Universität
einschrieben. Eines Tages war darunter ein junger Jura-Student namens
Edmund Herbert Lemmel aus Pleißa bei Chemnitz. Der Arzt
Lemmel
und der Student Lemmel waren beide familiengeschichtlich interessiert
und fingen an zu debattieren, ob wohl die ostpreußischen
Lemmel
und die Chemnitzer Lemmel auf einen gemeinsamen Ursprung
zurückzuführen seien. Es kam zu einer historischen
Vereinbarung: Heinz Lemmel sollte die Herkunft der
ostpreußischen
Lemmel erforschen, und Herbert Lemmel die Herkunft der Chemnitzer
Lemmel. Ein halbes Jahrhundert später war das Ziel erreicht.
Aber
erst einmal kam der Krieg dazwischen, und nach dem Krieg hatte man
zunächst Dringenderes zu tun.
5. Rettung 1945
Mein Vater, Dr. Gerhard Lemmel, setzte sich in den letzten
Kriegsmonaten hin und schrieb hunderte von ostpreußischen
Familien-Urkunden ab, mit der Schreibmaschine und mit acht
Durchschlägen. Da viel ostpreußisches Archivmaterial im
Krieg vernichtet wurde, sind diese Abschriften jetzt wertvolle
Dokumente. Urkundenabschriften
Nun durfte man in den letzten Kriegsmonaten nicht ohne
weiteres
Pakete
aus dem Osten in den Westen schicken. Das galt als unerlaubte
Flucht-Vorbereitung und Wehrkraft-Zersetzung. So wurden die
Urkunden-Abschriften zusammen mit ärztlichen
Röntgenfilmen
als wissenschaftliches Material getarnt und an acht Adressen
abgeschickt. Doch mussten einige der Adressaten selbst vor der
Roten Armee fliehen, und andere hatten Totalschaden durch
Fliegerbomben. Schließlich blieb von den achtfach
abgeschriebenen
Urkunden ein einziger Satz komplett erhalten. (Jetzt gespeichert unter GL44.html. - HDL 2021)
6. 1960er Jahre
Nach der Flucht landeten wir in Niedersachsen. So im Alter von 16 oder
17 Jahren begann ich, die geretteten Urkunden-Abschriften zu sichten
und auszuarbeiten, so dass ich inzwischen auf ein halbes Jahrhundert
Familienforschung zurückblicken kann. Die
ostpreußischen
Urkunden konnten nichts über die Herkunft des ersten
ostpreußischen Stammvaters aussagen. Es war ein
Tischlermeister
Friedrich Lemmel in Masuren, der nach seinem Sterbealter um 1739
geboren war – aber wo?
Geburtsbrief Friedrich
Lemmel 1775, ausgestellt in Lötzen/Masuren 1792
Hier der Geburtsbrief seines Sohnes, ausgestellt 1792 von der
Tischlerinnung in Lötzen in Masuren. Woher also kam der erste
ostpreußische Lemmel? Es blieb nichts anderes übrig,
als
überall in Deutschland zu forschen, ob da nicht um 1739 die
Geburt
eines Tischlers Friedrich Lemmel verzeichnet ist. So fing ich
tatsächlich an,
wo immer möglich nach Lemmeln zu forschen. Um das
Ergebnis
vorweg zu nehmen: Der erste ostpreußische Lemmel kam im
7-jährigen Krieg aus Belgern bei Torgau als Soldat nach
Ostpreußen. Er war also auch ein sächsischer Lemmel.
– Aber
so weit war es noch lange nicht. Um 1960, als ich mit der
Lemmel-Forschung begann, war Kalter Krieg. 1963 wurde die Berliner
Mauer gebaut. Aber es gab eine Gesamtdeutsche Institution: Die
Ahnenstammkartei Dresden. Hier ein Brief von etwa 1960: "Aus der
Ahnenstammkartei Dresden wird mitgeteilt..."
Ahnenstammkartei
Dresden
In der DDR war Ahnenforschung nicht gern gesehen. Aber
die
westdeutschen Kunden der Ahnenstammkartei zahlten in West-Mark, und das
war wichtiger als die DDR-Ideologie. Es gab noch keine e-Mäil,
kein Internet und nicht einmal Kopiergeräte. Die Familienforscher
schrieben ihre Ergebnisse auf Schreibmaschine mit
Kohlepapier-Durchschlägen, reichten sie nach Dresden ein und
bekamen Auskünfte aus den Ergebnissen
anderer Forscher. Die Kohlepapier-Kopien der eingereichten Stamm- und
Ahnenlisten
wurden als Postpaket in Rundsendungen an die interessierten Teilnehmer
geschickt, in der DDR, der Bundesrepublik und in Österreich.
Hier
bekam ich
die ersten Ansätze zu den sächsischen
Lemmeln und Lämmeln (in wechselnden Schreibweisen).
Kurt
Wensch
Das Herz dieser Ahnenstammkartei war der Genealoge Kurt Wensch. 40
Jahre lang hat er mir Urkunden aus dem Staatsarchiv Dresden besorgt und
stets Mitteilung gemacht, wenn er zufällig irgendwo auf einen
Lämmel gestoßen ist. 1994, als er bereits
über 90 Jahre
und immer noch aktiv war, war er der Ehrengast auf unserem Dresdener
Familientag. – Der
andere große
Helfer war Rolf Windisch in Freiberg, der mit seinem Motorrad im
Erzgebirge von Kirche zu Kirche fuhr, um aus den
Kirchenbüchern
die Heiraten, Taufen und Begräbnisse der Lemmel und
Lämmel
herauszuschreiben. In den DDR-Zeiten konnte ich seine Arbeit mit
Kaffeepäckchen und anderen Dingen vergüten, die es in
der DDR
nicht gab. Auch heute noch schickt er mir Zufallsfunde von
Zeitungsanzeigen und anderem. Beiden, Kurt Wensch und Rolf Windisch
verdanken wir einen Großteil des Materials, das wir heute
über die sächsischen Lemmel/Lämmel-Familien
haben.
So entstand seit etwa 1960 ein ständig wachsender Zettelkasten,
dessen Inhalt ab 1985 erst auf Disketten, dann auf die
Computer-Festplatte übertragen wurde. Die ausgedruckten
Familiengeschichten füllten dann eine stattliche Anzahl von
Leitzordnern, die 1990 auch auf Mikrpfilm aufgenommen wurden. Aber so
weit war es noch
lange nicht. Zuerst kam die Schreibmaschine mit einigen Spezialtasten
wie "†" für "gestorben".
1967 war es so weit, dass als erstes die Stammfolge der Cranzahler Lemmel erscheinen konnte.
Titel der Stammfolge "Lemmel
Cranzahl"
Damals gab es noch keine Kopiergeräte und Copy-Shops. So
musste
ich den Text auf Transparentpapier tippen, das dann unter
kräftigem Ammoniak-Gestank lichtgepaust wurde.
Aus der Stammfolge
"Lemmel Torgau"
Zum Stamm Cranzahl, der 1967 als erster herauskam, gehörten
Friedrich Lämmel in Stuttgart, der das "lemlein
filii"-Heft
zum
ersten Familientag in Wiesbaden druckte,
die Steinmetz-Familie Lämmel in Thalheim, hier bei
Arbeiten
für die Dresdener Frauenkirche, und
der Pfarrer in Großrückerswalde Werner
Lämmel, der
uns
auf dem Familientag 1989 in Rummelsberg eine Andacht gehalten hat
–
hier im Alter von 88 Jahren
bei seiner zweiten
Heirat 1996.
Im Laufe der Zeit haben dann viele, viele Lemmel mit e und ä,
mit
denen ich in Kontakt kam, dazu beigetragen und ihre Familiengeschichte
mitgeteilt, so dass viele, viele Stammfolgen zustande kamen: Gelenau,
Gornsdorf, Auerbach, Neukirchen, Jahnsdorf, Borna, Neundorf und viele
andere. Ich hatte ja schon beim ersten Lichtenwalder Familientag
(1./2.Okt.2000) berichtet, dass es um 1600 im Erzgebirge bereits 60 Vettern gab, die
alle Lemmel hießen, und entsprechend viele
Lämmel-Stämme gibt es in Sachsen.
7. Herbert E. Lemmel
Hier bin ich zusammen mit Herbert Lemmel zu sehen, auf dem Bamberger
Familientag
1973. – Inzwischen
hatte Herbert Lemmel sein Königsberger Versprechen von 1929
wahrgemacht und nicht nur einen großen Teil der
sächsischen
Lemmel erforscht sondern auch herausgefunden, dass der erste Chemnitzer
Lemmel um 1430 aus Bamberg gekommen war. Die meisten
sächsischen
Lemmel und Lämmel gab es im Kirchspiel Neukirchen bei Chemnitz, und die
ließen sich in den Kirchenbüchern und
Steuerverzeichnissen
direkt bis zu den Chemnitzer Lemmeln des 15. Jahrhunderts
zurückverfolgen. Herbert Lemmel hat dann um 1960 in
Nürnberger und Bamberger Archiven eine große Zahl
von
Lemmel-Urkunden ausfindig gemacht und erschlossen, die noch heute den
wichtigsten Grundstock der Lemmel-Forschung darstellen.
1964 kam seine große Veröffentlichung
über
"Herkunft und
Schicksal der Bamberger Lemmel" heraus.
Hier die berühmte Bamberger Urkunde von 1406, in
der die
Söhne des Conrad Lemlein ihr Erbe aufteilen. Oben habe ich die Erste Zeile
vergrößert hineinkopiert: "Ich Heintz, ich Hanns, und ich
Peter, die
lemlein gebrüder", die im weiteren auch die "lemlein filii"
genannt wurden. Die Nachkommen von Heintz und Peter verblieben im
Bamberger Raum, und zu ihren Nachkommen gehören die heutigen
Lämmlein in Franken. Die Nachkommen des Hanns, des mittleren
der
drei Brüder, sind die sächsischen
Lemmel/Lämmel. Unter
der Urkunde sieht man ihre Siegel mit dem Lamm-Wappen. Eins der Siegel
ist das von Hans Lemlein.
Links im Bild das vergrößerte Foto des Siegels.
In der Mitte
eine
Nachzeichnung: rechts steht der Vorname "Hans", links steht "Lemlein";
darunter ziemlich klein der Wappenschild mit dem Lamm, darüber der Helm, auf dem
noch ein Lamm steht.
Und rechts ist das
Wappen, wie es ein Heraldiker idealisiert nachgezeichnet und in
Siebmachers Wappenbuch abgedruckt hat.
Und 1970 erschien von Herbert Lemmel seine große Arbeit über
die
erzgebirgischen Lemmel. Diese beiden Veröffentlichungen
enthalten
ein umfangreiches Urkundenmaterial, und es ist Herbert Lemmels
bleibendes Verdienst, dieses Material entdeckt und verarbeitet zu
haben. Ich möchte dieses Verdienst ausdrücklich
herausstreichen, bevor ich auf notwendige Kritik eingehen
muss. Herbert
hatte sich auf die Idee versteift, dass die Bamberger Lemlein von dem
fränkischen Uradelsgeschlecht der Lampert von Gerolzhofen
abstammten. Das war zunächst glaubhaft dargestellt, beruhte
jedoch
teils auf unbewiesenen Spekulationen, teils aber auf unrichtigen
Urkunden-Zitaten. Es war tragisch, dass er nicht bereit war, Fehler zu
akzeptieren und zu korrigieren. Auf dem Wiener Familientag 1976 kam es
zu einem Eklat, so dass er seitdem alle Kontakte abbrach. - Ein anderer
ganz unverständlicher Fehler in Herbert Lemmels Arbeit von
1970
war die irrtümliche Darstellung der vogtländischen
Familie
Limmer als ein Zweig der Lemmel.
8. Gerhard Lemmel und Inge
Höfler Gerhard
Lemmel und Inge
Höfler-Lemmel
Mein Vater Gerhard Lemmel und meine Kusine Inge Höfler
leisteten
durch einige Jahrzehnte unersetzliche Forschungsarbeit. Sie fanden
Lemmel-Urkunden in alten und neuen gedruckten Werken und in bayrischen
und sächsischen Archiven, so dass die Lemmel-Geschichte immer
mehr
vervollständigt wurde. Dabei gab es einige besonders interessante Funde, die die Forschungsarbeit beflügelten:
1 2 34 .
. 56 7 8
1 Georg Jakob Lembl, geboren um 1690, Klosterrichter in Neumarkt und Gnadenberg. Sein Siegel von 1755.
2 Franz Ignaz Freiherr von Lemble zu Rennertshofen, geboren 1655, leider 1706 kinderlos verstorben. Sein Wappen um 1700.
3 Johann Lämmel, geboren 1644, Kriegszahlmeister in Dresden. Sein Porträt um 1700.
4 Hans Lemmel, geboren 1531, Kaufmann und Ratsherr in Wien. Seine Porträt-Medaille von 1583.
5 Hans Lemlein/Lemel, geboren um 1395, Ratsherr in Bamberg und Nürnberg. Sein Porträt von 1447.
6 Johannes Lemmel, geboren um 1390, Kammergraf in Hermannstadt in Siebenbürgen. Ein von ihm geprägter Gulden von 1438.
7 Mathias Lemmel, geboren um 1350, Schatzmeister von König Sigmund. Sein Siegel von 1416. 7 Seifrid Lemelin, geboren um 1310, Kaufmann in Nürnberg. Sein Siegel von 1341 mit einem Wolf im Wappen.
Zuletzt konnte ich im "lemlein
filii"-Heft
7 die Geschichte der Lemmel in der Oberpfalz veröffentlichen.
Im
30-jährigen Krieg waren in der Oberpfalz viele Archive
zerstört worden,
so dass nur ein lückenhaftes Urkundenmaterial übrig
blieb,
das Inge Höfler durch ihre Ortskenntnis der Oberpfalz
aufspüren konnte.
9. Stammtafeln
Jetzt möchte ich auf die historische Absprache
von 1929 in Königsberg
zurückkommen: da
wollte ja Herbert Lemmel seine
sächsischen Vorfahren erforschen, während Heinz
Lemmel und
mein Vater Gerhard die ostpreußishen Lemmel erforschen
sollten.
Und die Frage war, ob beide auf einen gemeinsamen Stammvater
zurück zu führen seien. Tatsächlich wurde
der gemeinsame
Stammvater gefunden.
In dieser Tafel finden Sie ganz unten die beiden
Familienforscher
Herbert E. Lemmel und Hans-Dietrich Lemmel. Darüber
finden Sie Herberts
Stammreihe mit den Vorfahren in Neukirchen und Chemnitz. Rechts sehen
Sie meine ostpreußische Stammreihe mit den
Vorfahren in Belgern und Torgau. Nach 18 Generationen finden wir oben
den gemeinsamen Stammvater: Hans Lemlein, der um 1355 in Bamberg
geboren wurde. Der eine seiner Söhne war Mertein Lemmel, der
Stammvater der Chemnitzer Lemmel. Der andere seiner Söhne war
der
Nürnberger Ratsherr und Bürgermeister Hans Lemlein,
von dem
wir sogar sein Porträt haben.
Oben links das Lamm-Wappen des Bamberger Hans Lemlein.
Darunter ist das Porträt des Hans Lemmel aus Schneeberg, der
nach
Wien ging und dort Ratsherr wurde.
In der Mitte habe ich eingezeichnet, wie der berühmteste
sächsische Lämmel in den Stammbaum passt: der
General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel.
Rechts unten habe ich noch das Bild meines Urgroßvaters
eingefügt.
In die obige Tafel habe ich dann links noch eine
Reihe eingefügt, die erst in letzter Zeit geklärt
werden
konnte.
Das ist die Reihe, die vom Wiener Ratsherrn Hans Lemmel
über
die
Oberpfalz zur Familie der Ritter Lemmel von Seedorf führt. Die
Urkunden zu dieser Reihe verdanken wir ganz wesentlich der Inge
Höfler-Lemmel.
In diesem Bild habe ich nur 3
Hauptstämme eingetragen:
die Seedorfer Lemmel, die Chemnitzer Lemmel, und die
ostpreußischen Lemmel. Für die Chemnitzer Lemmel
steht der
hier wiedergegebene Neukirchener Stamm stellvertretend für die
zahlreichen anderen aus Chemnitz stammenden Lemmel- und
Lämmel-Stämme. –
Im nächsten
Bild möchte ich noch einige andere Stämme zeigen.
In der Mitte haben wir wieder den Bamberger Hans Lemlein, um 1355
geboren, mit
dem
Lamm-Wappen und den Söhnen Mertein in Chemnitz und Hans in
Nürnberg. Rechts daneben hängen die
fränkischen
Lämmlein dran, und hier ist auch ein Siegel mit einem schwer
erkennbaren Lammwappen erhalten. Ganz rechts hängen
wahrscheinlich
die Lempelius dran, ebenfalls mit einem Lammwappen. Links aber ist ein
Nürnberger Lemmel-Zweig eingezeichnet, der kein Lamm im Wappen hat
sondern einen Wolf! Die Nachkommen leben heute in Niederbayern. Daneben
ein weiterer Zweig in Neumarkt/Oberpfalz, dessen Nachkommen noch heute
in der Gegend von Altdorf östlich von Nürnberg leben.
Das große Sorgenkind sind noch die Lemmel in der Rheinpfalz
und
im Elsaß, die sehr zahlreich sind und sich aber nur bis etwa
1600
zurück verfolgen lassen. Nachdem die Pfalz der bayerischen
Wittelsbacher Gebiete von der Oberpfalz bis zur Rheinpfalz
umfasste, ist es durchaus wahrscheinlich, dass ein Nürnberger
oder
Oberpfälzer Lemmel im 16. Jahrhundert in die Rheinpfalz kam
und
dort Stammvater der Rheinpfälzer und Elsässer Lemmel
wurde.
Aber andererseits kann es sich hier auch um eine eigenständige
Familie handeln, die zufällig den selben Namen trägt.
< Nachtrag 2020: Inzwischen zeigte es sich, dass die Mehrheit
der
Elsässer Lemmel und Laemmel eine eigene Familie sind, deren
Stammvater um 1500 nördlich von Straßburg lebte. Der
Ursprung der Rheinpfälzer Lemmel/Lämmel ist weiterhin
offen.>
10. Internet
Das große Problem ist nun, wie man das umfangreiche Material
veröffentlichen kann. Gedruckt würde es einige
tausend
Buchseiten ergeben, und das geht natürlich nicht. Seit 2007
arbeite ich daran, die ganze Lemmel-Forschung im Internet
zugänglich zu machen.
Hier die Internet-Adresse, oder die Stichwörter,
die man
unter
Google eingeben muss.
Und hier die Titelseite, die man zunächst
erhält, der
Anfang
der Index-Seite. Dann kann man alles mögliche anklicken, wie
Vorwort, Bibliografie zur Familiengeschichte Lemmel, die Stammtafeln,
und die Aufsätze über die Nürnberger und
Bamberger
Lemlein, die ersten Chemnitzer Lemmel, und vieles andere.
11. Kontakte durch das
Internet
Das Lemmel-Archiv im Internet wird pro Monat von einigen
100
Leuten angeklickt. Und das bringt viele interessante Kontakte. Davon
möchte ich drei erwähnen.
1. In Hessen wurde ein abgestürztes Flugzeug aus
dem 2.
Weltkrieg
an unzugänglicher Stelle gefunden und ausgegraben. Darin
saß
noch das Skelett des Fliegers, und sein Namensschild besagte, dass es
ein Hans Lämmel war, der 1921 in Chemnitz geboren wurde. Nun
ging
es darum, Angehörige zu finden, denen man den Fund mitteilen
müsste. Im Lemmel-Archiv konnte ich feststellen, dass dieser
Hans
Lämmel aus dem Stamm Chemnitz-Borna war, aber dass es keine
nahen
Verwandten mehr gab.
2. Im Stadtmuseum von Bautzen hängen einige
Porträts von
Bautzener Ratsherren, die von einem Künstler namens Adam
Lämmel um 1620 gemalt wurden. Die Bilder wurden 1945 in den
letzten Kriegsmonaten schwer beschädigt und haben sogar
Schusslöcher. In Bautzen war über die Person des
Porträtmalers Adam Lämmel nichts bekannt, und ich
konnte
über ihn einiges mitteilen. Wahrscheinlich wurde er 1574 in
Marienberg geboren, lebte dann einige Jahre in Bautzen, ging dann nach
Prag, von wo er im Zuge der Gegenreformation vertrieben wurde. 1652
starb er in Leipzig als ein "armer alter Mann, ein Vertriebener, ein
Kunstmahler aus Praga.
3. Die dritte Geschichte: In der Dresdener Lokalgeschichte wurde man
nun auf unseren General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel
aufmerksam. Dort fanden Ingeborg und Manfred Schicht weitere Spuren,
die Johann Lämmel hinterlassen hat.
Hier
Johann Lämmels Porträt. Von ihm hatte unser
Meisterkoch
Reinhard Lämmel vor etlichen Jahren den Ofen mit seinem Wappen
ausfindig gemacht.
Jetzt erfuhr ich über das Internet, dass er auch an
Bauwerken
sein
Wappen hinterlassen hat, hier an einer Kapelle des Rittergutes
Possendorf als Schlussstein über einem Fenster
und hier über einem Eingang des Herrenhauses des
Rittergutes
Kleincarsdorf.
Diese Bilder erhielt ich rechtzeitig zum Familientag von
Ingeborg
und
Manfred Schicht, zusammen mit dem Hinweis auf einen
heimatgeschichtlichen Aufsatz über Kleincarsdorf und Johann
Lämmel, der demnächst erscheinen wird.
– Und auch dies gibt es im Internet:
Hiermit möchte ich schließen, mit einem herzlichen
Dank an
unsere Familientag-Gastgeber 2008 Thomas Lämmel, den Inhaber des
Schlossgasthauses
Lichtenwalde.