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Geschichte der Lemmel-Forschung
von Hans-Dietrich Lemmel
Powerpoint-Vortrag am Familientag Lemmel/Lämmel/Lämmlein in Lichtenwalde bei Chemnitz, 1.-2. Mai 2008  


1. Einleitung
Unser aller Stammvater ist der Kaufmann Chunrad Lembelin, der um 1300 in Nürnberg lebte. Dass die Geschichte einer bürgerlichen Familie zwischen diesem Chunrad Lembelin bis zur Gegenwart nahezu vollständig erforscht werden konnte,
mit etlichen tausend Personen, ist erstaunlich. Das gibt es bei kaum einer anderen bürgerlichen Familie. Es ist ein Zufall, dass die Nachkommen dieses Chunrad Lembelin vorwiegend in Gegenden lebten, wo die Urkunden erhalten sind. Nur wenige Familienzweige lebten in Gegenden, etwa in Schlesien oder im Elsaß, wo die Urkunden durch kriegerische Ereignisse vernichtet wurden, so dass weiter zurück liegende Forschungen nicht mehr möglich sind.

Die Familienforschung bürgerlicher Familien gibt es erst seit etwa einem Jahrhundert. Davor interessierte man sich nur für die Adelsfamilien. In den Schulen musste man die Genealogien der Herrscherhäuser lernen, und über die eigene Familie wusste man wenig. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und dann nach dem Ersten Weltkrieg in den 1920er Jahren fingen auch bürgerliche Familien an, sich für ihre Familiengeschichte zu interessieren. Es entstanden Familienforschungsvereine wie der "Herold" in Berlin, der "Roland" in Dresden, der "Adler" in Wien, die "Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte" in Leipzig. Besondere Bedeutung hatte der Verlag C.A.Starke in Görlitz, der neben Adels-Handbüchern auch seit 1889 das "Genealogische Handbuch Bürgerlicher Familien" herausgab, von dem bis heute 220 Bände existieren, heute unter dem neuen Namen "Deutsches Geschlechterbuch".

2. Wien

Der erste Lemmel-Zweig, der sich auf seine Geschichte besann war eine Wiener Offiziers- und Beamtenfamilie Lemmel/Lämmel im 19. Jahrhundert. Da besann man sich vage, dass die Familie früher einmal adeligen Standes gewesen sei. Um dieses zu belegen, besorgte man alte Urkunden aus Kirchenbüchern und Regimentsakten. Der früheste Ahnherr, den man fand, war der bayerische Leutnant, Regiments-Quartiermeister und Kriegskommissar Johann Georg Lemmel von Seedorf, der um 1689 in Seedorf in Niederschlesien geboren wurde und 1763 in Ingolstadt starb. Dieses erforschte der k.k. Kreissekretär Wenzel Aloysius Lemmel von Seedorf.


Wenzel Aloysius Lemmel von Seedorf                    
und sein Wappen

Er hat ein kompliziertes Wappen mit 6 Feldern und zwei Helmen. Nur in einem Feld ganz unten kann man ein Lamm erkennen. Gegenüber ist eine Seejungfrau, die für Seedorf steht. Der Ursprung der anderen Wappenfelder ist unbekannt.

Sein Enkel war der Tiroler Kaiser-Jäger Alfons Lemmel, der einen umfangreichen Briefwechsel führte, um eine Bestätigung seines Adels zu bekommen. Darüber gibt es umfangreiche Akten sowohl im Bayrischen Staatsarchiv München als auch im Österreichischen Verwaltungsarchiv in Wien. Unter anderem schrieb Alfons Lemmel, dass er im Jahre 1880 zum k.k. Offizier ernannt worden sei und dass er nun Unterlagen zur Anerkennung seines Adels benötige.

Brief des Offiziers Alfons Lämmel 1880 an das bayrische Heroldsamt


Zu diesem Zwecke habe er in Wien 5 Taufscheine seiner Vorfahren vorgelegt, die aber zur Anerkennung des Adels nicht ausgereicht hätten. Jedenfalls bekam Alfons Lemmel schließlich vom Kaiser Franz Josef im Jahre 1885 seinen Adel bestätigt. 1896 bekam er einen Adels- und Wappenbrief, wonach er und seine Nachkommen sich "Ritter Lemmel von Seedorf" titulieren dürfen.

Adelsbestätigung 1896

Das Wappen Lemmel von Seedorf

In dem Wappen finden wir wieder in einem Feld das Lamm, in einem anderen die Seejungfrau für Seedorf. Die Geschichte der Seedorfer Lemmel wurde dann 1926 im Wiener Genealogischen Taschenbuch veröffentlicht, und 1971 in Hannover und 1976 in Wien wurden zwei unserer Familientage von den Seedorfer Lemmeln organisiert.


3. Sachsen
Alle anderen Lemmel und Lämmel waren freilich bürgerliche Familien, von denen besonders viele in Sachsen lebten. Hier gab es besonders viele Ansatzpunkte zur Lämmel-Forschung. Als Beispiel hier ein Doppelhaus in Auerbach in der Thumer Straße.
Das Lämmelhaus in Auerbach/Erzgebirge um 1920

Da wohnten um 1920 zwei Lämmel-Familien, beides Strumpfwirker: rechts Osmar Lämmel mit 2 Kindern, links Max Lämmel mit 3 Söhnen. Sie wussten nicht, und konnten es nicht wissen, wie sie mit einander verwandt waren. Erst heute wissen wir, dass sich ihre Vorfahrenlinien erst nach 10 Generationen um 1500 treffen. Max Lämmel, in der linken Wohnung, war ein Onkel des Strumpfwirkers Willy Lämmel, dem Großvater von unserem Horst Lämmel in Thalheim, der heimatkundliche Dokumentar-Videos herstellt. Schon Willy Lämmel sammelte Material über das Erzgebirge, und das wurde der Grundstock der Sammlung, mit der der Enkel Horst Lämmel seine Filme macht.

Einer der ersten der sächsischen Lemmel/Lämmel, der Familienforschung betrieb, war der 1873 in Chemnitz geborene Paul Lemmel aus dem Stamm Leukersdorf.
Paul Lemmel mit seiner Frau Hedwig geb. Etzold

Er war zunächst Schuhmacher, dann Gefreiter und Taucher im 1.Weltkrieg, dann Schlosser bei der Reichsbahn. Im Alter von 96 Jahren starb er 1969 in Annaberg.
Paul Lemmel um 1968

Er konnte seine Vorfahren zurückverfolgen bis zu Carl Gottlieb Lämmel, der 1793 in Stelzendorf bei Chemnitz geboren wurde, wo er als Strumpfwirker lebte und schließlich Strumpfwarenhändler und Strumpffabrikant wurde.

 Carl Gottlieb Lämmel

Im Jahre 1924 schrieb Paul Lemmel seine Familiengeschichte auf und versah sie mit vielen Dokumenten und Fotografien. Sein Neffe und Pflegesohn Erich Lemmel, der 1992 im Alter von 93 Jahren in Chemnitz starb, übergab mir die ganze Sammlung.
Erich Lemmel

Über den Ursprung der Familie berichtete Paul Lemmel, dass er in früher Kindheit öfters gehört hatte, "dass die Lemmels den Adel gehabt hätten, denselben aber verkauften", um sich vom Erlös Webstühle anzuschaffen. Was eindeutig ein Märchen ist. Er schrieb weiters, dass es naheliege, dass "die Lemmels Abkömmlinge eines in einer Urkunde besagten, geadelten böhmischen Fabrikanten seien." – Aber das sind Gerüchte. Freilich: der böhmische Adelige, von dem Paul Lemmel hier berichtete, existierte tatsächlich.
 Simon Lämel

Simon Lämel war ein Großhändler in Prag, der in den napoleonischen Kriegen die österreichische Armee belieferte und dafür im Jahre 1812 vom Kaiser Franz den österreichischen Adelsstand erhielt, als Simon Edler von Lämel.
Sein Adelsbrief

Wie man hier sieht, hatte auch er ein Lamm im Wappen. Aber es steht fest, dass dieser Lämel nicht zu unserer Familie gehört. Es ist eine interessante jüdische Familie, mit Verwandtschaften mit dem Dichter Hugo v.Hofmannthal und mit dem Komponisten Arnold Schönberg. In Jerusalem gibt es heute noch eine Lämmel-Schule und ein Lämmel-Krankenhaus, die von dieser österreichischen Familie gestiftet wurden. Es ist ein Zufall, dass diese Familie den selben Namen führt wie wir. Man lernte, dass nicht alle Lemmel und Lämmel zur selben Familie gehören, und es blieb weiterhin eine interessante Frage, ob wenigstens alle sächsischen Lemmel und Lämmel zur selben Familie gehören.

Also mit dem böhmischen Adeligen war unser Paul Lemmel aus Stelzendorf auf einer falschen Fährte. Aber er verfolgte auch eine andere Spur, die sich viel später als richtig herausstellte. Paul Lemmel hatte schon damals herausgefunden, dass es in Nürnberg eine mittelalterliche Lemmel-Familie gab, mit einem Lamm-Wappen, von dem Paul Lemmel eine farbige Zeichnung anfertigte.


Lemmel-Wappen, von Paul Lemmel um 1900 gezeichnet

Das Wappen muss er bereits um 1900 gezeichnet haben. Er versah die Wappenzeichnung mit der Jahreszahl "1321". Woher er diese Jahreszahl hatte, war langezeit unverständlich. Sie stammt aus einer Chronik, in der erwähnt ist, dass im Augsburger Bürgerbuch im Jahre 1321 ein "Lammelin" vorkommt, aber dieser Lammelin hat wohl nichts mit unserer Familie zu tun. Paul Lemmels Wappenzeichnung mit dem Lamm auf dem "Dreiberg" stimmt mit echten Lemmel-Wappen aus dem 15. Jahrhundert gut überein, und ein ungefähr entsprechendes Lemmel-Wappen gibt es im Siebmacherschen Wappenbuch von 1884 unter der Überschrift "Abgestorbener bayerischer Adel – Lemmlein".
Lemmel-Wappen, Siebmacher 1884

Dieses Wappen mag Paul Lemmel als Vorlage benutzt haben. Aber im Siebmacherschen Wappenwerk gibt es im Zusammenhang mit den Lemmeln keine Erwähnung einer Jahreszahl 1321. – Paul Lemmel ließ seine Wappenzeichnung in einer schwarz-weißen Version auf einer Karte drucken, und diese Wappenkarte war bei den sächsischen Lemmeln und Lämmeln weit verbreitet.



4. Ostpreußen

Mein eigener Lemmel-Zweig lebte in Ostpreußen. Hier war es schon die Generation meiner Großeltern, die um 1900 mit der Familienforschung begann. Schon vor dem 1.Weltkrieg wurden zwei Familientage in Berlin abgehalten. Im Jahr 1910 erschien die erste Geschichte der ostpreußischen Lemmel im Genealogischen Handbuch der bürgerlichen Familien: "Lemmel aus Johannisburg in Ostpreußen, evangelisch, zu Königsberg, Berlin, Leipzig..." und so weiter.
 
"Lemmel aus Johannisburg" im Genealogischen Handbuch 1910


Heinz und Erich Lemmel aus Königsberg auf dem Bamberger Familientag 1973


Die beiden Königsberger Vettern, der Arzt Heinz Lemmel und der Kaufmann Erich Lemmel wurden dann aktive Mitglieder des ostpreußischen Familienforschungs-Vereines und erforschten die ostpreußischen Lemmel im Königsberger Staatsarchiv und in Kirchenbüchern. Und 1937 ließ Heinz Lemmel eine neue erweiterte Fassung der ostpreußischen Lemmel-Geschichte drucken.
  
Diese Familiengeschichte kam gerade recht, um darin meine Geburt anzuzeigen. Gewissermaßen wurde mir die Familienforschung in die Wiege gelegt.

Dieses Bild zeigt die Universität in Königsberg. Hier kam es im Jahre 1929 zu einer wichtigen familiengeschichtlichen Begegnung. Mein Onkel, der Doktor Heinz Lemmel, hatte als junger Arzt die Studenten zu untersuchen, die sich an der Universität einschrieben. Eines Tages war darunter ein junger Jura-Student namens Edmund Herbert Lemmel aus Pleißa bei Chemnitz. Der Arzt Lemmel und der Student Lemmel waren beide familiengeschichtlich interessiert und fingen an zu debattieren, ob wohl die ostpreußischen Lemmel und die Chemnitzer Lemmel auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen seien. Es kam zu einer historischen Vereinbarung: Heinz Lemmel sollte die Herkunft der ostpreußischen Lemmel erforschen, und Herbert Lemmel die Herkunft der Chemnitzer Lemmel. Ein halbes Jahrhundert später war das Ziel erreicht. Aber erst einmal kam der Krieg dazwischen, und nach dem Krieg hatte man zunächst Dringenderes zu tun.


5. Rettung 1945

Mein Vater, Dr. Gerhard Lemmel, setzte sich in den letzten Kriegsmonaten hin und schrieb hunderte von ostpreußischen Familien-Urkunden ab, mit der Schreibmaschine und mit acht Durchschlägen.
Urkundenabschriften

Nun durfte man in den letzten Kriegsmonaten nicht ohne weiteres Pakete aus dem Osten in den Westen schicken. Das galt als unerlaubte Flucht-Vorbereitung und Wehrkraft-Zersetzung. So wurden die Urkunden-Abschriften zusammen mit ärztlichen Röntgenfilmen als wissenschaftliches Material getarnt und an acht Adressen abgeschickt. Nun mussten aber einige der Adressaten selbst vor der Roten Armee fliehen, und andere hatten Totalschaden durch Fliegerbomben. Schließlich blieb von den achtfach abgeschriebenen Urkunden ein einziger Satz komplett erhalten.


6. 1960er Jahre
Nach der Flucht landeten wir in Niedersachsen. So im Alter von 16 oder 17 Jahren begann ich, die geretteten Urkunden-Abschriften zu sichten und auszuarbeiten, so dass ich inzwischen auf ein halbes Jahrhundert Familienforschung zurückblicken kann. Die ostpreußischen Urkunden konnten nichts über die Herkunft des ersten ostpreußischen Stammvaters aussagen. Es war ein Tischlermeister Friedrich Lemmel in Masuren, der nach seinem Sterbealter um 1739 geboren war – aber wo?
 
Geburtsbrief Friedrich Lemmel 1775

Hier der Geburtsbrief seines Sohnes, ausgestellt 1792 von der Tischlerinnung in Lötzen in Masuren. Woher also kam der erste ostpreußische Lemmel? Es blieb nichts anderes übrig, als überall in Deutschland zu forschen, ob da nicht um 1739 die Geburt eines Tischlers Friedrich Lemmel verzeichnet ist. So fing ich tatsächlich an, wo immer möglich nach Lemmeln zu forschen. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Der erste ostpreußische Lemmel kam im 7-jährigen Krieg aus Belgern bei Torgau als Soldat nach Ostpreußen. Er war also auch ein sächsischer Lemmel.
Aber so weit war es noch lange nicht. Um 1960, als ich mit der Lemmel-Forschung begann, war Kalter Krieg. 1963 wurde die Berliner Mauer gebaut. Aber es gab eine Gesamtdeutsche Institution: Die Ahnenstammkartei Dresden. Hier ein Brief von etwa 1960: "Aus der Ahnenstammkartei Dresden wird mitgeteilt..."
Ahnenstammkartei Dresden

In der DDR war Ahnenforschung nicht gern gesehen. Aber die westdeutschen Kunden der Ahnenstammkartei zahlten in West-Mark, und das war wichtiger als die DDR-Ideologie. Hier reichten die Familienforscher ihre Ergebnisse ein und bekamen Auskünfte aus den Ergebnissen anderer Forscher. Kopien der eingereichten Stamm- und Ahnenlisten wurden als Postpaket in Rundsendungen an die interessierten Teilnehmer geschickt, in der DDR, der Bundesrepublik und in Österreich. Hier bekam ich die ersten Ansätze zu den sächsischen Lemmeln und Lämmeln (in wechselnden Schreibweisen).
Kurt Wensch

Das Herz dieser Ahnenstammkartei war der Genealoge Kurt Wensch. 40 Jahre lang hat er mir Urkunden aus dem Staatsarchiv Dresden besorgt und stets Mitteilung gemacht, wenn er zufällig irgendwo auf einen Lämmel gestoßen ist. 1994, als er bereits über 90 Jahre und immer noch aktiv war, war er der Ehrengast auf unserem Dresdener Familientag.
–  Der andere große Helfer war Rolf Windisch in Freiberg, der mit seinem Motorrad im Erzgebirge von Kirche zu Kirche fuhr, um aus den Kirchenbüchern die Heiraten, Taufen und Begräbnisse der Lemmel und Lämmel herauszuschreiben. In den DDR-Zeiten konnte ich seine Arbeit mit Kaffeepäckchen und anderen Dingen vergüten, die es in der DDR nicht gab. Auch heute noch schickt er mir Zufallsfunde von Zeitungsanzeigen und anderem. Beiden, Kurt Wensch und Rolf Windisch verdanken wir einen Großteil des Materials, das wir heute über die sächsischen Lemmel/Lämmel-Familien haben.

So erschien 1967 als erstes die Stammfolge der Cranzahler Lemmel.

Titel der Stammfolge "Lemmel Cranzahl"


Damals gab es noch keine Kopiergeräte und Copy-Shops. So musste ich den Text auf Transparentpapier tippen, das dann unter kräftigem Ammoniak-Gestank lichtgepaust wurde.

Aus der Stammfolge "Lemmel Torgau"


Zum Stamm Cranzahl, der 1967 als erster herauskam, gehörten

Friedrich Lämmel in Stuttgart, der das "lemlein filii"-Heft zum ersten Familientag in Wiesbaden druckte,

die Steinmetz-Familie Lämmel in Thalheim, hier bei Arbeiten für die Dresdener Frauenkirche, und

der Pfarrer in Großrückerswalde Werner Lämmel, der uns auf dem Familientag 1989 in Rummelsberg eine Andacht gehalten hat – hier im Alter von 88 Jahren bei seiner zweiten Heirat 1996.

Im Laufe der Zeit haben dann viele, viele Lemmel mit e und ä, mit denen ich in Kontakt kam, dazu beigetragen und ihre Familiengeschichte mitgeteilt, so dass viele, viele Stammfolgen zustande kamen: Gelenau, Gornsdorf, Auerbach, Neukirchen, Jahnsdorf, Borna, Neundorf und viele andere. Ich hatte ja schon beim ersten Lichtenwalder Familientag berichtet, dass es um 1600 im Erzgebirge bereits 60 Vettern gab, die alle Lemmel hießen, und entsprechend viele Lämmel-Stämme gibt es in Sachsen.


7. Herbert E. Lemmel


Hier bin ich zusammen mit Herbert Lemmel zusehen, auf dem Bamberger Familientag 1973.
–  Inzwischen hatte Herbert Lemmel sein Königsberger Versprechen von 1929 wahrgemacht und nicht nur einen großen Teil der sächsischen Lemmel erforscht sondern auch herausgefunden, dass der erste Chemnitzer Lemmel um 1430 aus Bamberg gekommen war. Die meisten sächsischen Lemmel und Lämmel gab es im Kirchspiel Neukirchen, und die ließen sich in den Kirchenbüchern und Steuerverzeichnissen direkt bis zu den Chemnitzer Lemmeln des 15. Jahrhunderts zurückverfolgen. Herbert Lemmel hat dann um 1960 in Nürnberger und Bamberger Archiven eine große Zahl von Lemmel-Urkunden ausfindig gemacht und erschlossen, die noch heute den wichtigsten Grundstock der Lemmel-Forschung darstellen.

1964 kam seine große Veröffentlichung über "Herkunft und Schicksal der Bamberger Lemmel" heraus.


Hier die berühmte Bamberger Urkunde von 1406, in der die Söhne des Conrad Lemlein ihr Erbe aufteilen. Oben ist der Anfang vergrößert: "Ich Heintz, und ich Hanns, und ich Peter, die lemlein gebrüder", die im weiteren auch die "lemlein filii" genannt wurden. Die Nachkommen von Heintz und Peter verbleiben im Bamberger Raum, und zu ihren Nachkommen gehören die heutigen Lämmlein in Franken. Die Nachkommen des Hanns, des mittleren der drei Brüder, sind die sächsischen Lemmel/Lämmel. Unter der Urkunde sieht man ihre Siegel mit dem Lamm-Wappen. Eins der Siegel ist das von Hans Lemlein.

Links das vergrößerte Foto des Siegels. In der Mitte eine Nachzeichnung: rechts steht der Vorname Hans, links steht Lemlein; unten der Wappenschild mit dem Lamm, darüber der Helm, auf dem noch ein Lamm steht. Und rechts ist das Wappen, wie es ein Heraldiker idealisiert nachgezeichnet und in Siebmachers Wappenbuch abgedruckt hat.

Und 1970 erschien seine große Arbeit über die erzgebirgischen Lemmel. Diese beiden Veröffentlichungen enthalten ein umfangreiches Urkundenmaterial, und es ist Herbert Lemmels bleibendes Verdienst, dieses Material entdeckt und verarbeitet zu haben. Ich möchte dieses Verdienst ausdrücklich herausstreichen, bevor ich auf notwendige Kritik eingehen muss. Er hatte sich auf die Idee versteift, dass die Bamberger Lemlein von dem fränkischen Uradelsgeschlecht der Lampert von Gerolzhofen abstammten. Das war zunächst glaubhaft dargestellt, beruhte jedoch teils auf unbewiesenen Spekulationen, teils aber auf falschen Urkunden-Zitaten. Es war tragisch, dass er nicht bereit war, Fehler zu akzeptieren und zu korrigieren. Auf dem Wiener Familientag 1976 kam es zu einem Eklat, so dass er seitdem alle Kontakte abbrach. - Ein anderer ganz unverständlicher Fehler in Herbert Lemmels Arbeit von 1970 war die irrtümliche Darstellung der vogtländischen Familie Limmer als ein Zweig der Lemmel.

8. Gerhard Lemmel und Inge Höfler
Gerhard Lemmel und Inge Höfler-Lemmel
Mein Vater Gerhard Lemmel und meine Kusine Inge Höfler leisteten durch einige Jahrzehnte unersetzliche Forschungsarbeit. Sie fanden Lemmel-Urkunden in alten und neuen gedruckten Werken und in bayrischen und sächsischen Archiven, so dass die Lemmel-Geschichte immer mehr vervollständigt wurde. Zuletzt konnte ich im "lemlein filii"-Heft 7 die Geschichte der Lemmel in der Oberpfalz veröffentlichen. Im 30-jährigen Krieg waren in der Oberpfalz viele Archive zerstört worden, so dass nur ein lückenhaftes Urkundenmaterial übrig blieb, das Inge Höfler durch ihre Ortskenntnis der Oberpfalz aufspüren konnte.

9. Stammtafeln
Jetzt möchte ich auf die historische Absprache von 1929 in Königsberg
zurückkommen: da wollte ja Herbert Lemmel seine sächsischen Vorfahren erforschen, während Heinz Lemmel und mein Vater Gerhard die ostpreußishen Lemmel erforschen sollten. Und die Frage war, ob beide auf einen gemeinsamen Stammvater zurück zu führen seien. Tatsächlich wurde der gemeinsame Stammvater gefunden.

In dieser Tafel finden Sie ganz unten die beiden Familienforscher Herbert E. Lemmel und Hans-Dietrich Lemmel. Darüber finden Sie Herberts Stammreihe mit den Vorfahren in Neukirchen und Chemnitz. Rechts sehen Sie meine ostpreußische Stammreihe mit den Vorfahren in Belgern und Torgau. Nach 18 Generationen finden wir oben den gemeinsamen Stammvater: Hans Lemlein, der um 1355 in Bamberg geboren wurde. Der eine seiner Söhne war Mertein Lemmel, der Stammvater der Chemnitzer Lemmel. Der andere seiner Söhne war der Nürnberger Ratsherr und Bürgermeister Hans Lemlein, von dem wir sogar sein Porträt haben.
Oben links das Lamm-Wappen des Bamberger Hans Lemlein.
Darunter ist das Porträt des Hans Lemmel aus Schneeberg, der nach Wien ging und dort Ratsherr wurde.
In der Mitte habe ich eingezeichnet, wie der berühmteste sächsische Lämmel in den Stammbaum passt: der General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel.
Rechts unten habe ich noch das Bild meines Urgroßvaters eingefügt.
Links möchte ich noch eine Reihe einfügen, die erst in letzter Zeit geklärt werden konnte.

Das ist die Reihe, die vom Wiener Ratsherrn Hans Lemmel über die Oberpfalz zur Familie der Ritter Lemmel von Seedorf führt. Die Urkunden zu dieser Reihe verdanken wir ganz wesentlich der Inge Höfler-Lemmel. – In diesem Bild haben wir nur 3 Hauptstämme: die Seedorfer Lemmel, die Chemnitzer Lemmel, und die ostpreußischen Lemmel. Für die Chemnitzer Lemmel steht der hier wiedergegebene Neukirchener Stamm stellvertretend für die zahlreichen anderen aus Chemnitz stammenden Lemmel- und Lämmel-Stämme. Im nächsten Bild muss ich noch einige andere Stämme zeigen.
 
In der Mitte haben wir wieder den Bamberger Hans Lemlein mit dem Lamm-Wappen und den Söhnen Mertein in Chemnitz und Hans in Nürnberg. Rechts daneben hängen die fränkischen Lämmlein dran, und hier ist auch ein Siegel mit einem schwer erkennbaren Lammwappen erhalten. Ganz rechts hängen wahrscheinlich die Lempelius dran, ebenfalls mit einem Lammwappen. Links aber ist der Lemmel-Zweig mit dem Wolfswappen, deren Nachkommen in Niederbayern leben, und daneben ein Neumarkter Zweig, dessen Nachkommen noch heute in der Gegend von Altdorf östlich von Nürnberg leben.

Das große Sorgenkind sind noch die Lemmel in der Rheinpfalz und im Elsaß, die sehr zahlreich sind und sich aber nur bis etwa 1600 zurück verfolgen lassen. Nachdem die Rheinpfalz lange bayrisch war, ist es durchaus wahrscheinlich, dass ein Nürnberger oder Oberpfälzer Lemmel im 16. Jahrhundert in die Rheinpfalz kam und dort Stammvater der Rheinpfälzer und Elsässer Lemmel wurde. Aber andererseits kann es sich hier auch um eine eigenständige Familie handeln, die zufällig den selben Namen trägt.

< Nachtrag 2020: Inzwischen zeigte es sich, dass die Mehrheit der Elsässer Lemmel und Laemmel eine eigene Familie sind, deren Stammvater um 1500 nördlich von Straßburg lebte. Der Ursprung der Rheinpfälzer Lemmel/Lämmel ist weiterhin offen.>

10.Internet
Das große Problem ist nun, wie man das umfangreiche Material veröffentlichen kann. Gedruckt würde es einige tausend Buchseiten ergeben, und das geht natürlich nicht. Seit 2007 arbeite ich daran, die ganze Lemmel-Forschung im Internet zugänglich zu machen.

Hier die Internet-Adresse, oder die Stichwörter, die man unter Google eingeben muss.


Und hier die Titelseite, die man zunächst erhält, der Anfang der Index-Seite. Dann kann man alles mögliche anklicken, wie Vorwort, Bibliografie zur Familiengeschichte Lemmel, die Stammtafeln, und die Aufsätze über die Nürnberger und Bamberger Lemlein, die ersten Chemnitzer Lemmel, und vieles andere.

11. Kontakte durch das Internet
Das Lemmel-Archiv im Internet wird pro Monat von einigen 100 Leuten angeklickt. Und das bringt viele interessante Kontakte. Davon möchte ich drei erwähnen.
 
1. In Hessen wurde ein abgestürztes Flugzeug aus dem 2. Weltkrieg an unzugänglicher Stelle gefunden und ausgegraben. Darin saß noch das Skelett des Fliegers, und sein Namensschild besagte, dass es ein Hans Lämmel war, der 1921 in Chemnitz geboren wurde. Nun ging es darum, Angehörige zu finden, denen man den Fund mitteilen müsste. Im Lemmel-Archiv konnte ich feststellen, dass dieser Hans Lämmel aus dem Stamm Chemnitz-Borna war, aber dass es keine nahen Verwandten mehr gab.

 
2. Im Stadtmuseum von Bautzen hängen einige Porträts von Bautzener Ratsherren, die von einem Künstler namens Adam Lämmel um 1620 gemalt wurden. Die Bilder wurden 1945 in den letzten Kriegsmonaten schwer beschädigt und haben sogar Schusslöcher. In Bautzen war über die Person des Porträtmalers Adam Lämmel nichts bekannt, und ich konnte über ihn einiges mitteilen. Wahrscheinlich wurde er 1574 in Marienberg geboren, lebte dann einige Jahre in Bautzen, ging dann nach Prag, von wo er im Zuge der Gegenreformation vertrieben wurde. 1652 starb er in Leipzig als ein "armer alter Mann, ein Vertriebener, ein Kunstmahler aus Praga.

3. Die dritte Geschichte: In der Dresdener Lokalgeschichte wurde man nun auf unseren General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel aufmerksam. Dort fanden Ingeborg und Manfred Schicht weitere Spuren, die Johann Lämmel hinterlassen hat.
 
Hier Johann Lämmels Porträt. Von ihm hatte unser Meisterkoch Reinhard Lämmel vor etlichen Jahren den Ofen mit seinem Wappen ausfindig gemacht.

Jetzt erfuhr ich über das Internet, dass er auch an Bauwerken sein Wappen hinterlassen hat, hier an einer Kapelle des Rittergutes Possendorf als Schlussstein über einem Fenster
 
und hier über einem Eingang des Herrenhauses des Rittergutes Kleincarsdorf.

 
Diese Bilder erhielt ich rechtzeitig zum Familientag von Ingeborg und Manfred Schicht, zusammen mit dem Hinweis auf einen heimatgeschichtlichen Aufsatz über Kleincarsdorf und Johann Lämmel, der demnächst erscheinen wird.

– Und auch dies gibt es im Internet:

Hiermit möchte ich schließen, mit einem herzlichen Dank an unsere Gastgeber Thomas Lämmel, den Inhaber des Schlossgasthauses Lichtenwalde.

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