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Texte zur ostpreußischen Geschichte


[aus: Kreisgemeinschaft Lyck, "Hagen-Lycker Brief" Nr.69 Mai 2011, Seiten 131-132]



[aus: Kreisgemeinschaft Lyck, "Hagen-Lycker Brief" Nr.69 Mai 2011, Seiten 134-136]


  
300 Jahre Königreich Preußen

Im Jahre 2001, als man das Jubiläum "
300 Jahre Königreich Preußen"
beging, zeigte eine Serie in der Süddeutschen Zeitung den absurden
Titel "300 Jahre Preußen". Dazu ein Leserbrief:
 



Einige Begriffe zur ostpreußischen Landbevölkerung

Hans-Dietrich Lemmel, 1982

Im Land des Deutschen Ordens gab es prinzipiell keine Leibeigenschaft - Jahrhunderte bevor allenthalben die Leibeigenschaft aufgehoben wurde. Aber der Orden wirtschaftete schlecht und musste seinen Söldnern statt Bezahlung Ländereien übergeben, aus denen Rittergüter ("adelige Güter") wurden - mit leibeigenen Bauern. So waren meine Vorfahren namens Waschul prussische Leibeigene auf einem Rittergut gewesen, während meine Vorfahren namens Kadgiehn freie Prussen waren, die ihr Bauerngut vom Orden verschrieben bekamen. Bei der Umwandlung des Ordensstaates in das Herzogtum wurde alles schriftlich fixiert und in den Ostpreußen-Folianten aufgeschrieben, die bis heute erhalten sind.

Kölmer und Freye sind freie Gutsbesitzer mit uneingeschränktem Eigentumsrecht. Sie unterstehen direkt dem Landesherrn, also dem Orden, dann dem Herzog, schließlich dem König, der durch den Amtmann des Kammeramtes vertreten ist. Das Eigentum ist erblich; ein Verkauf oder Erwerb muss vom König genehmigt werden. Die Güter bestehen seit ältester Ordenszeit, und die Besitzer waren wohl größtenteils Prussen. Die Freyen hatten ursprünglich ritterlichen Dienst mit Hengst und Harnisch zu leisten, später hatten sie die Pfllicht zur Landwehr oder zu Postfuhren. Leibeigenschaft gab es nicht. Die Kölmer-Höfe bestehen nach kulmischen ("kölmischem") Recht, die Frey-Höfe nach preußischem Recht ("Preußische Freye") oder, was für den Inhaber noch günstiger war, nach magdeburgischem Recht. Unterschiede gab es beispielsweise, ob das Gut nur an einen Sohn oder aber auch an eine Tochter/Schwiegersohn vererbt werden konnte. Die Kölmer und Freyen verwalten ihr Dorf selbst, wobei einer der Kölmer gewöhnlich den Dorfschulzen stellt.

Der Krüger besitzt außer einem Stück Land den Krug, also die Gastwirtschaft mit Braurecht. Gelegentlich ist einer der Kölmer zugleich auch Krüger.

Zinsbauern oder Scharwerksbauern, auch "königliche Bauern" (im Gegensatz zu Bauern auf adeligen Gütern) sitzen ebenfalls auf  uralten Höfen, die sie aber nur zur Nutzung haben, wofür sie Zins zahlen oder Scharwerksdienste leisten müssen, das sind Dienste mit Fuhrwerken oder Handarbeit. Die Nutzung ist erblich, kann aber bei Zinsrückständen verfallen.

Hochzinser sind Bauern, die sich vom Scharwerksdienst freigekauft haben, die statt dessen einen höheren Bodenzins zahlen. Ähnlichen Status haben Assekuranten, die ihren Hof aufgrund eines Assekuranten-Vertrages erhalten haben.

Instleute sind Arbeiter, die im Insthaus eines Hofes wohnen. Knechte und Mägde sind unverheiratete Hilfskräfte, die im Gutshaus wohnen. Oftmals lebt ein Bauernsohn zeitweise als Knecht, bis er den väterlichen Hof erben kann. Ein Instmann kann auch selbst ein Stück Land bewirtschaften und sich dafür womöglich einen Knecht halten.

Das Recht haftet am Land, nicht an der Person. Der Sohn eines Freyen, der ein Bauerngut erwirbt, wird damit selbst Bauer, und umgekehrt. In seltenen Fällen kann jemand auch verschiedene Güter gleichzeitig besitzen, zum Beispiel ein Bauerngut und ein Kölmergut.

Obiges sind die Einwohner eines königlichen Dorfes. Im Gegensatz dazu stehen Dörfer, die zu einem adeligen Gut gehören und dem Gutsbesitzer unterstehen. Außerdem gibt es Staatsgüter: Domänen und Vorwerke, die von einem Arrendator verwaltet oder gepachtet werden. Hier müssen die Scharwerksbauern gelegentlich die Scharwerksdienste ableisten.

Die angeführten Titel und Rechtsformen, die sich im Laufe der Zeit wandeln können, können hier nur angenähert definiert werden. 

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