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Zur Stammtafel der Lemmel aus Leukersdorf
         
Einiges aus der Geschichte der Familie Lemmel
nach Urkunden, Erlebtem und mündlicher Überlieferung von Paul Lemmel, 1924.
Mit Schreibmaschine geschrieben am 3.März 1970 von Pauls Neffen und Pflegesohn Erich Lemmel

   
Carl Gottlieb Lämmel, * 1793, † 1879, Strumpffabrikant in Stelzendorf.
Von ihm und seinen Nachkommen berichtet sein Urenkel Paul Lemmel in seinem Aufsatz von 1924.

1. Teil: Allgemeines

Es ist bis jetzt leider noch nicht festgestellt, wie die Verwandtschaftslinie des Stammvaters C.G.Lemmel weiter zurückläuft. Es liegt nahe, dass derselbe ein Abkömmling des in der Urkunde besagten, geadelten böhmischen Fabrikanten ist, da ich in früherer Kindheit öfters hörte, dass die Lemmels den Adel gehabt hätten, denselben aber verkauften. Andererseits weist ein Erbstück, ein in meinem Besitz befindliches, ungefähr 350 Jahr altes Glasgemälde Baronesse v.Daube darstellend – (das Gegenstück ist im Jahre 1892 zerbrochen worden) – nach Schloss Neukirchen hin. Hierüber fehlt aber jedes Anzeichen.

Vom Stammvater ab sind die männlichen Lemmels alle nicht unter mittelgroß gewesen, sehnig, niemals dick, Haar meist dicht und schwarz, Haut bräunlich aber rein, meist intelligent, aber nicht musikalisch. – Angeborene körperliche Fehler, sowie spätere Verstümmelungen sind seit dem Jahre 1792 in keinem Fall zu verzeichnen gewesen. – Als Soldat gedient hat bis 1870 keiner, bis dahin sind dieselben losgekauft worden. Der Erste hat 1895-1897 beim 1.(Leib)Grenadier-Regiment Nr.100 in Dresden gedient.

Für das weibliche Geschlecht haben die Lemmels im Durchschnitt viel Zuneigung. Beispielsweise wurde schon der Stammvater in seinem Ort einfach nur "C.G." oder "Schmatzlemmel" genannt. Trotzdem ist im Durchschnitt die Kinderzahl nicht groß zu nennen, aber fast nur männlichen Geschlechts, denn Mädchen sind seit dem Jahre 1792 nur 5 geboren, davon sind 2 als Kind gestorben, eins starb als Erwachsene und nur 2 leben zur Zeit noch.
 
Eine Tochter von C.G.Lemmel, die vor ihrem Vater starb

Als Todesursache ist bis zur Familie Otto Lemmel sehr oft Schlaganfall zu verzeichnen gewesen. Von diesem ab sind 3 seiner Söhne jung an Lungentuberkulose gestorben. – Freiheits- oder entehrende Strafen sind seit 1792 nicht zu verzeichnen.

Am Weltkrieg 1914-1918 nahmen teil:
1.) Paul Lemmel, als Taucher bis Kriegsende, auf dem westlichen und östlichen Kriegsschauplatz (Frankreich und Russland), sowie Balkan. Dreimal leicht verwundet.
2.) Fritz Lemmel, als Jäger bis Kriegsende, in Frankreich und Italien. Schwer verwundet am rechten Arm.
3.) Rudolf Lemmel, als Infanterist. November 1917 in Frankreich gefallen.
4.) Erich Lemmel, als Infanterist bis Kriegsende in Frankreich.

Letzterer war die letzten 8 Tage im Felde mit Paul Lemmel zusammen, und beide kehrten zugleich Ende November 1918 wohlbehalten bei ihrer Frau und Mutter Hedwig Lemmel, Chemnitz, Margaretenstr.36, heim.

Nahe Verwandte sind:
August Rupf, Bruder von Amalie Lemmel geb. Rupf (= Schwiegertochter von C.G.Lemmel). Als Maikämpfer von 1848 flüchtete er als Emigrant nach Brasilien (Rio de Janeiro). Seinem letzten Wunsche folgend, die Heimat noch einmal zu sehen, war er als hochbejahrter Greis im Jahre 1896 in Chemnitz, besuchsweise beim Maschinenfabrikanten Ernst (auch ein Verwandter), Ecke Wettiner und Lerchenstraße im Kreise von 70 Verwandten anwesend und hat sich durch Kuß von allen verabschiedet (= Lemmels Ader, denn Rupf und Lemmel waren doppelt verwandt). Er war Besitzer einer Kaffeeplantage.

Hermann Hanewald, Drechslermeister, Chemnitz, Johannisplatz (Vetter von Otto Lemmel), Louise Hanewald; Curt Hanewald musste nach Amerika – warum? Er lebt zur Zeit noch.

Kunze, Hauenstein, Kämpfe, Kupfer, Ungetüm, Irmscher; und Fiedler (der dritte Mann von Amalie Lemmel geb. Rupf) starb 1894 im Hospital St.Georg.


(Die Schreibmaschinen-Übertragung von Erich Lemmel. Er schrieb dazu: "Dies steht handschriftlich auf dem Foto. Ich war s.Zt. 9 Jahre alt und erinnere mich, daß ich in Dresden in der Badewanne schlafen sollte, sicher aus Platzmangel. Da ich nicht wollte, legte sich der Lemmel-Paul in die Badewanne!")
> Onkel Rupf ist der Schwager von Ferdinand Lemmel. Sein Vorname ist in Paul Lemmels Bericht mit August angegeben. Dagegen wurde ihm auf dem Foto nachträglich der Vorname Hermann beigefügt. Was ist richtig? (HDL)

2.Teil: Persönliches

Vom Stammvater C.G. Lemmel, Gutsbesitzer, ist bekannt, dass er ums Jahr 1850 vierzig Webstühle stehen hatte. Seine erste Frau kenne ich nicht. Er heiratete mit 83 Jahren seine 40-jährige Wirtschafterin, die Jahrzehnte bei ihm tätig war – Johanne Hauenstein – und lebte noch drei Jahre mit ihr. Er hatte seinen Grabstein schon viele Jahre fertig im Schuppen stehen. Er erlitt bei einem Ausgang einen Schlaganfall und wurde mit einer Schubkarre nach Hause gefahren, wobei seine letzten Worte waren: "Nun muss ich noch eine Schubkarrenleiche werden."

Sein Sohn Ferdinand Lemmel. Dieser war 30 Jahre als Kaufmann bei der jetzt noch bestehenden Strumpffirma Wex & Sohn tätig. Er starb Anfang der 70er Jahre an den Folgen eines im Geschäft erlittenen Unfalls. Er war sehr sparsam, aber streng. Beim Verkauf seines jetzt noch stehenden Hauses – Ecke Plan- und Rathenau-Str. – (war einmal in früherer Zeit als Rathaus benutzt) erlitt er große Verluste und wollte sich dieserhalb aus dem mittleren Dachfenster der zweiten Reihe auf die Straße stürzen, was aber noch verhindert wurde.

Seine Ehefrau Amalie Lemmel geb. Rupf, später verehelichte Irmscher, später verehelichte Fiedler, hatte ein Kartonagengeschäft; sie war sehr lebenslustig, aber etwas leicht.

Deren erster Sohn, Otto Lemmel, war in seinen Leistungen sehr tüchtig, aber sehr leicht und schlechter Familienvater.

Deren Tochter Ida Lemmel, Schneiderin, sehr sparsam und fleißig, starb bei ihrer Tochter Ida Nestmann im Jahre 1901.

Deren zweiter Sohn, Richard Lemmel, Maschinenbauer, starb auf Wanderschaft im Jahre 1867 in Cosel am Rhein.
1
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1: Otto Lemmel mit seiner Frau Henriette geb.König, um 1891. –
2: Henriette Lemmel geb. König kurz nach dem Tode ihres Mannes 1892, mit ihren 5 Söhnen:
Max König * 1866, Richard Lemmel * 1871, Paul Lemmel * 1873, Hans Lemmel * 1882, Alfred Lemmel * 1885.

Max, der älteste Sohn, der vorehelich geboren war und daher den Namen der Mutter trug, ging nach Hagen/Westfalen und wurde Reichstags-Abgeordneter.
 
Geburtsurkunde 1871 von Richard Lemmel (hier Lämmel geschrieben),
Sohn von Otto Lemmel und seiner Frau Henriette geb. König
     

Die Ehefrau von Otto Lemmel, meine liebe Mutter Henriette, hatte viel Geist und Herzensbildung. Sie diente im Jahre 1866 als Zofe bei General v.Witzleben in Dresden (Große Meißner Gasse), bei welchem König Johann von Sachsen oft zur Gesellschaft kam und während des Servierens mit ihr scherzte. – Sie hatte eine sehr schwere 21-jährige Ehe durchzumachen. Sie starb 1899 nach 8-jähriger Witwenschaft unter der treuen Pflege ihrer Schwiegertochter Hedwig Lemmel in Chemnitz-Gablenz, Hammerstr. 12. – Die letzte Ruhestätte unserer lieben Mutter befindet sich auf dem Andreasfriedhof 6.Reihe 13.Grab. (Grabstelle nachgelöst, lag also 40 Jahre.)

Deren erster Sohn, Richard Lemmel, Photograf, war sehr geschickt; sehr gut veranlagt in der Ölmalerei; guter Familienvater. Er starb schon im Alter von 29 Jahren.

Dessen Ehefrau Anna Lemmel geb. Etzold. Ihr 1.Sohn Fritz Lemmel, Kaufmann. Ihr 2.Sohn Rudi Lemmel, in Frankreich gefallen. Ihr 3.Sohn Erich Lemmel, Kaufmann.

Deren zweiter Sohn Paul Lemmel, Schlosser, 45 Jahre auf der Eisenbahn, 59 Jahre verheiratet, Kinder keine. (Autor dieser Familiengeschichte, die hier teilweise von Erich Lemmel ergänzt wurde.) Am 9.3.1961 ins Feierabendheim Bärenstein bei Annaberg verzogen. Ruhestätte: Krematorium Karl-Marx-Stadt.

Dessen Ehefrau Hedwig Lemmel geb. Etzold. Meine treue Gattin war sehr arbeitsam, treusorgend um mich. Peinlich ordentlich und sauber und von großer Herzensgüte. Starb am Sonnabend, dem 13.12.1958 nach 1/2 1 Uhr nach 9-wöchigem Krankenlager zu Hause in meiner Gegenwart. Hab Dank, liebe Hedwig – Dein Paul. Ruhestätte Krematorium.  (22.12.1958 Paul Lemmel)

Deren dritter Sohn Hans Lemmel war Werkführer in der Kartonagenbranche, fleißig, sparsam, guter Familienvater, guter Politiker, starb vorbildlich als Proletarier und Freidenker, wurde 1910 eingeäschert. Die Aschenurne nahm seine Ehefrau einige Monate später nach Amerika (nach Fallon im Staate Nevada), woselbst diese wieder heiratete und den Namen Ries führt.

Deren vierter Sohn Alfred Lemmel war Kaufmann, von sehr mädchenhafter Natur, in seinen Leistungen weniger tüchtig, aber desto mehr Spaßvogel, aber von sehr liebevollem Charakter. Er wurde vom Postschaffner Ernst Beckert (Bruder vom Nadelfabrikanten Beckert, Beckerstraße) an Kindesstatt angenommen. Er wurde 1908 eingeäschert und ruht mit seinen Pflegeeltern im Krematorium zu Chemnitz.
 
Todesanzeige Alfred Lemmel 1908
 
Hiermit schließe ich meine bescheidenen Ausführungen in Wort und Bild, wünschend, dass denselben eine recht lange Existenz vergönnt sein möge, und mit der Bitte, dieselben später weiterführen zu wollen.

In Verehrung unserer Ahnen!

Chemnitz, Juni 1924                Verfasser     Paul Lemmel
Schrift von    Erich Lemmel:
Am 3.März 1970 mit Schreibmaschine geschrieben, weil die deutsche Handschrift schon jetzt viele nicht mehr lesen können.

 
Paul Lemmel, * 1873 in Chemnitz, 1897 mit seiner Verlobten Hedwig Etzold, * 1877 in Gößnitz.


Einiges aus der Geschichte der Familie Lemmel
Erich Lemmel, 1970,  Ergänzungen zu Paul Lemmels Bericht


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