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Die Chemnitzer Lemmel seit 1427

Von Hans-Dietrich Lemmel

Vortrag am Familientag 2000.
Ursprünglich gedruckt in "lemlein filii" Heft 6, 2001, seither unwesentlich ergänzt.
Eine gekürzte Fassung wurde gedruckt in "Familie und Geschichte" Band 4, 2002, Seiten 241-249 und 315-324.

Dieser Text enthält den am Familientag gehaltenen Vortrag, mit einigen Kürzungen und einigen Ergänzungen. In einem separaten Text werde ich die sächsischen Lemmel-Urkunden des 15. Jahrhunderts im einzelnen besprechen.

1. Einleitung


Chemnitz ist der Ursprungsort der meisten Lemmel und Lämmel, und so ist es mir eine grosse Freude, dass der Familientag 2000 hier in Chemnitz abgehalten wurde.

Der besondere Dank der gesamten Lemmel/Lämmel-Familie gebührt dem örtlichen Organisator Klaus Lämmel; unserem Gastgeber Thomas Lämmel in der Schlossgaststätte Lichtenwalde; meiner Kusine Inge Höfler-Lemmel, die traditionelle Leiterin unseres Familienverbandes seit dem ersten Treffen vor mehr als 30 Jahren; sowie zahlreichen Familienangehörigen, die selbst Familienforschung betrieben und wertvolles Material beigetrugen.

Am letzten Familientag in Dresden sprach ich über die Familie Lemmel unter August dem Starken (1) und seinem Finanzexperten, dem General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel in Dresden. Natürlich kam auch er aus Chemnitz.

Heute will ich etwas über die Chemnitzer Lemmel vortragen, und dabei werde ich wieder einige Geschichten aus der Familienchronik erzählen. Die schönsten Lemmel-Geschichten kennen Sie ja schon gedruckt in den "lemlein filii"-Heften, aber es gibt noch einiges mehr.

Voranstellen möchte ich eine Übersichtstafel, aus der die wichtigsten Lemmel/Lämmel meines Vortrages und ihre Verwandtschaft ersichtlich sind.

Obenan finden wir Chunrad Lembelin, unseren Stammvater, der um 1300 in Nürnberg lebte (2).

Ganz unten sind die heutigen Lemmel- und Lämmel-Stämme angegeben (3). Es sind nur die Stämme eingetragen, von denen jemand beim Familientag anwesend war. (Es gibt noch eine ganze Reihe von weiteren Lemmel/Lämmel-Stämmen!) Die Teilnehmer erhielten alle ihre persönliche Ahnenliste ausgehändigt, so dass jeder wusste, zu welchem Lemmel/Lämmel-Stamm er gehört.

In der Mitte der Tafel findet man die beiden Martin Lemmel, Vater und Sohn, die um 1450 in Chemnitz lebten, und von denen fast alle sächsischen Lemmel und Lämmel abstammen.

Rings herum habe ich in der Tafel einige der Personen angegeben, die ich in meinem Vortrag erwähnen werde.  



 2. Die ersten Chemnitzer Lemmel und die Ausbreitung ihrer Nachkommen


Im Jahre 1427 wird der erste Lemmel Bürger in Chemnitz. Das war vor mehr als einem halben Jahrtausend.

Um 1480 leben die beiden Brüder Paul und Hans Lemmel in Chemnitz und im südlich angrenzenden Neukirchen.

100 Jahre später, um 1580, leben bereits über 60 Männer namens Lemmel in Chemnitz und im Erzgebirge.

Heute gibt es in Sachsen mehr als 250 Lemmel/Lämmel-Adressen, die wohl an die 1000 Personen betreffen.

Ursprünglich hatte man annehmen müssen, dass der Name Lemmel, der ein kleines Lamm bedeutet, mehrmals unabhängig entstand, so dass nicht alle Träger dieses Namens mit einander verwandt sein müssen. Das ist im Prinzip richtig, und es gibt in Sachsen tatsächlich mehrere Lemmel-Stammväter. So stammen die Torgauer Lemmel nicht vom ersten Chemnitzer Lemmel ab.

Aber es sind die Chemnitzer Lemmel, die sich so stark vermehrten, dass die wenigen Lemmel anderer Herkunft zahlenmässig kaum ins Gewicht fallen.

Wenn man nur die Stammhalter-Nachkommen betrachtet, also nur die männlichen Nachkommen, die den Namen Lemmel tragen, dann zeigt sich folgendes:

Von den beiden Chemnitzer Lemmel-Brüdern, die um 1500 lebten, hatte
 - Hans Lemmel: 4 Söhne, 9 Enkel, 35 Urenkel;
 - Paul Lemmel: 6 Söhne, 12 Enkel, 29 Urenkel;
und das trotz einiger Missgeschicke. So wurde 1535 ein Lemmel-Sohn in Neukirchen ermordet, und der hätte vielleicht auch noch 30 Urenkel haben können.

Einige der späteren Nachkommen konnten mithalten.

 - Christian Lemmel, um 1740 Bauer in Gornsdorf: Er hatte 3 Söhne, 9 Enkel, 23 Urenkel;

 - Lorenz Lämmel, um 1800 Häusler in Borna bei Chemnitz: 6 Söhne, 13 Enkel, 30 Urenkel;

 - Christian Friedrich Lämmel, um 1840 Wirt und Maurer in Neundorf bei Annaberg: 5 Söhne, 13 Enkel, 27 Urenkel.

Wohlgemerkt: Hier wurden nur die Söhne und die Söhne der Söhne gezählt. Zusammen mit den Töchterkindern ergibt sich ein Vielfaches an Nachkommen.

1839 stirbt in Chemnitz im Alter von 93 Jahren Johann George Lämmel, ein Auszugsbauer aus Borna, und hinterlässt eine lebende Nachkommenschaft von 168 Personen, nämlich 5 Kinder, 50 Enkel, 97 Urenkel und 16 Ururenkel. So steht es als denkwürdiges Ereignis in einer Chemnitzer Chronik (4). - Hier wurden die Töchter und Töchterkinder mitgezählt, jedoch nicht die schon zuvor gestorbenen Nachkommen.


3. Vom Mittelalter zur Neuzeit: Die Bürokratie


Zurück zu den ersten Chemnitzer Lemmeln im 15. Jahrhundert. In der Zeit um 1500 gab es bedeutende Umwälzungen. Es war der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, der Beginn von Renaissance und Reformation.

Copernicus entdeckt, dass die Erde sich um die Sonne dreht.
Columbus entdeckt Amerika.
Veit Stoss, Albrecht Dürer, Lucas Cranach und andere schaffen neuartige Kunstwerke.
Martin Luther übersetzt die Bibel.
Gutenberg erfindet den Buchdruck.
Mehr und mehr Leute lernen lesen und schreiben, und Adam Riese bringt ihnen das Rechnen mit arabischen Zahlen bei.
Und vieles andere.

Hinzu kommt eine Umwälzung, die die Familiengeschichte direkt betrifft: Man erfindet die Bürokratie. Nur der Bürokratie ist es zu verdanken, dass wir die Geschichte der Chemnitzer Lemmel heute genau kennen, dass wir über (fast) jeden einzelnen Lemmel schriftliche Dokumente vorfinden.

Zuvor, im Mittelalter, wurde aus dem täglichen Leben kaum etwas aufgeschrieben. Vieles wurde nur mündlich verhandelt und durch Zeugen beglaubigt.

Nun wurde es anders, die Neuzeit beginnt. In Chemnitz wurde um 1425 das erste Bürgerbuch angelegt, in das die neu zugezogenen Bürger eingetragen wurden, darunter auch 1427 "Lemel" und 1437 "Lemel der elder".

Etwas später, um 1500 und danach, gibt es Steuerverzeichnisse, in denen alle Bürger eines Ortes verzeichnet sind, die einen steuerpflichtigen Besitz haben. Aus den eingetragenen Steuer-Beträgen kann man entnehmen, ob einer reich oder arm ist. Aus diesen Steuerlisten kann man verfolgen, wann und wo in Sachsen, vorwiegend im Erzgebirge, die ersten Lemmel auftauchen.

Dann werden Gerichtsbücher angelegt, in denen Kaufverträge und Erbschaftssachen eingetragen werden. Dabei ist es ein besonderer Glücksfall, dass es in Neukirchen bei Chemnitz eines der frühesten dörflichen Gerichtsbücher gibt, das bereits 1491 beginnt; und es ist wiederum ein Glücksfall, dass die Chemnitzer Lemmel um 1500 ausgerechnet nach Neukirchen übersiedeln, wo ihre Erbschaftsregelungen im Gerichtsbuch verzeichnet sind. Während man in den Steuerverzeichnissen nur die Namen findet, nicht aber: "Wer ist der Sohn von wem?", sind in den Gerichtsbüchern, besonders in Erbschaftssachen, ganze Familien und Verwandtschafts-Beziehungen zu erkennen.

Schliesslich dringt um 1550 die Bürokratie auch bis zur Kirche durch: Die Kirchenbücher werden angelegt, in denen alle Trauungen, Taufen und Todesfälle verzeichnet sind. Danach kann man die Lemmel-Familien lückenlos rekonstruieren, sofern nicht die Kirchenbücher im 30-jährigen Krieg oder im 2. Weltkrieg verbrannten.

Um die Geschichte der sächsischen Lemmel/Lämmel zu erforschen, wurden von etlichen Forschern hunderte von Gerichtsbucheinträgen im Staatsarchiv Dresden abgeschrieben und viele tausend Kirchenbucheinträge aus zahllosen sächsischen Kirchen (5).

Dazu haben viele Familienforscher beigetragen. Besonders erwähnen möchte ich Herbert E. Lemmel, der erstmals über die Herkunft der Chemnitzer Lemmel aus Bamberg berichtete; den Dresdener Genealogen Kurt Wensch, der die Urkundenabschriften aus dem Dresdener Staatsarchiv besorgte; Rolf Windisch in Freiberg, der zahllose Kirchenbücher durchsah; und meinen Vater Gerhard Lemmel, der unserer Familiengeschichte in vielen Bibliotheken und Archiven nachspürte.

Der Umbruch vom Mittelalter zur Neuzeit wurde wesentlich von den Kaufleuten einiger deutscher Städte getragen. Hier hatten einige wenige führende Familien das Regiment, und hier konnten sich die Tüchtigsten und Einfallsreichsten durchsetzen und ihre Aktivitäten entfalten. Führend waren im Norden die Hansestädte, im Süden Augsburg, Regensburg und Nürnberg.

Die bekanntesten und erfolgreichsten Unternehmer-Familien waren die Fugger und Welser in Augsburg. Die Stammväter dieser Familien waren um 1300 bescheidene Bauern und Handwerker. Ursprünglich bauten sie Flachs an, webten Leinentuche und brachten diese zum Markt. Ihre besonderen Fähigkeiten entwickelten sie durch gekonnte Vermarktung, durch Erfinden von verbesserten Techniken, und durch das Erlernen des in den italienischen Städten schon früher entwickelten modernen Geldwesens, das den Handel vereinfachte und profitabler machte.

Das in Produktion und Handel verdiente Geld verwendeten sie im Bergbau in den Alpen und Karpaten. Für den Bergbau erfanden sie verbesserte Techniken, so dass sie innerhalb weniger Generationen ein beträchtliches Vermögen anhäufen konnten.

Um 1500 waren die Fugger und Welser bereits die wichtigsten Geldgeber für die Habsburger Kaiser Maximilian den I. und Karl den V. und konnten dadurch deren Politik mitbestimmen.

Warum erzähle ich dieses? Weil die Lemmel in Nürnberg, Bamberg und Chemnitz am Umbruch vom Mittelalter zur Neuzeit ebensolche Unternehmer waren wie die Fugger und Welser. Nur war ihr Erfolg weniger dauerhaft.


4. Die Lemlein in Nürnberg und Bamberg


Über unsere Vorfahren in Nürnberg und Bamberg ist wenig überliefert. Es war ja noch Mittelalter, es gab noch keine Bürokratie, und der auch damals notwendige Schriftwechsel wurde nicht aufgehoben; nur weniges findet sich noch in den heutigen Archiven. Daher erfordern die spärlichen schriftliche Dokumente vor 1500 eingehende Studien und Kombinationen, um aus den wenigen Fakten die Familiengeschichte zu rekonstruieren.

Um 1280/1300 lebte in Nürnberg unser aller Stammvater, Chunrad Lembelin (2, 18). Der Familienname "Lembelin" ist mittelhochdeutsch; später wurde er zum neuhochdeutschen "Lemlein" und "Lämmlein" abgewandelt, und schließlich zu "Lemmel" und "Lämmel". Vom Stammvater Chunrad Lembelin ist nur der Name bekannt. Aber in den wenigen erhaltenen Urkunden steht die Familie in engem Zusammenhang mit den Nürnberger Familien Stromer und Holzschuher, die damals die wichtigsten Handelsunternehmer stellten. Was die Fugger und Welser für Augsburg waren, waren die Stromer und Holzschuher für Nürnberg. Und die Nürnberger Lemlein waren ihre Handelspartner (6).

Der erste Nürnberger Lemlein, über den aus einer Urkunde hervorgeht, womit er handelte, war ein Kürschner, der Felle verarbeitete und mit Pelzen handelte. Die zufällig erhaltene Urkunde sagt freilich nur aus, dass er mit einem Farbstoff handelte, der beim Gerben verwendet wird.
Sein Sohn, Fritz Lemlein, scheint ein Bergwerk in der Gegend von Eger betrieben zu haben. Aber das war sicher nur ein kleiner Teil seines Unternehmens. Er war bereits so reich, dass er sein Vermögen im Geldverleih vermehrte und dabei von einem Schuldner eine ganze Burg, den Wolfstein bei Neumarkt in der Oberpfalz, zum Pfand erhielt. Leider wurde das Pfand wieder ausgelöst, und er musste die Burg wieder abgeben. Aber in der Nähe erwarb ein Vetter einen Besitz in Reichertshofen, so dass die Nachkommen als "Lemmel von Reichertshofen" zum oberpfälzer Adel zählten.

Ähnlich wie später die Fugger und Welser traten auch die Lemmel in die Dienste von Königen und Kaisern (7). Mathias Lemmel war um 1380 in Prag in der Finanzverwaltung Kaiser Karls des IV., und später, bis 1426, war er der Schatzmeister (also Finanzminister) von Kaiser Siegmund. Sein Sohn Hans Lemmel wurde Graf und Münzmeister in Hermannstadt in Siebenbürgen.

1  2  3
1: Urkunde und Siegel von Mathias Lemmel, 1416
2: Hans Lemmel, Graf zu Hermannstadt, 1439
3: Hans Lemlein, Bamberg 1406

Sein Vetter war Hans Lemlein in Bamberg (8), der für uns eine besondere Bedeutung hat: Im Jahre 1406 schließt er mit seinen Brüdern, nach dem Tod der Eltern, einen Erbvertrag. Darin sind die Brüder als die "lemlein filii" bezeichnet, und Hans Lemleins Siegel unter dem Vertrag zeigt erstmals das Lemlein-Wappen mit je einem Lamm im Schild und auf dem Helm. Dieser Hans Lemlein aber war der Vater der beiden ersten Chemnitzer Lemmel.

Hans Lemlein lebte zeitweilig in Kuttenberg in Böhmen, das damals ein wichtiges Zentrum des Edelmetall-Bergbaus war. Die Kuttenberger Kupferbarren wurden über die Elbe verschifft, und in Tetschen an der Elbe saß Hans Lemleins Sohn Michel Lemmel, vermutlich um für den Verkauf und Transport der Metallwaren zu sorgen. Über ihn ist eine seltsame Urkunde erhalten. Er ist im Jahre 1413 in einen Konflikt mit der Stadt Freiberg verwickelt, wo man ihn als einen Strauchdieb bezeichnete und ihn gehangen hätte, wenn man ihn gefangen hätte. Das ist die erste sächsische Lemmel-Urkunde.

In der Folge gerieten die Bamberger Lemlein in zwei politische Konflikte, die ihr weiteres Schicksal bestimmte.

1. In Prag reformierte Jan Hus die tschechische Kirche. Papst und Kaiser konnten das nicht dulden. Kaiser Siegmund, dessen Schatzmeister Mathias Lemmel war, lud Jan Hus zum Konzil nach Konstanz. Obgleich er ihm freies Geleit zugesagt hatte, wurde Jan Hus 1415 als Ketzer verbrannt. Nach diesem eklatanten Unrecht wurde die hussitische Bewegung kriegerisch, und der Kuttenberger Hans Lemlein und sein Sohn Michel Lemmel in Tetschen mussten Böhmen verlassen. Ersterer ging zurück nach Bamberg, letzterer ging nach Chemnitz.

2. In Bamberg gab es einen Streit zwischen dem Bischof und der Bürgerschaft, der von Kaiser Siegmund, der gerade in Basel weilte, geschlichtet werden sollte. Bei der Verhandlung in Basel waren der Fürstbischof und etliche Vertreter des Bamberger Rates anwesend. Letztere liessen ihren Unmut am Bischof in so handgreiflicher Weise aus, dass es zu einer Messerstich-Verletzung des Bischofs kam, der in seine Domburg nach Bamberg zurückfliehen musste. Unter den gewalttätigen Bamberger Ratsherren in Basel aber war Hans Lemlein. Der Schiedsspruch des Kaisers fiel nun gegen die Ratsherren aus; ihnen wurde eine Geldbuße in der gewaltigen Höhe von 60ooo Gulden auferlegt. Hierdurch waren die führenden Bamberger Familien genötigt, Bamberg zu verlassen. Aus der Bamberger Lemlein-Familie ging Martin Lemmel 1437 nach Chemnitz.
 
Porträt Hanns Lemlein, geb. um 1395, gest.1473.
Ratsherr in Bamberg; ab 1440 in Nürnberg, dort ab 1447 Ratsherr
und zeitweilig Bürgermeister. Wohlhabender Kaufmann mit Handel
im sächsischen Erzgebirge und in den Karpaten.
Sein Bruder Mertein ging 1437 nach Chemnitz, wo er der Stammvater
der meisten sächsischen Lemmel und Lämmel wurde.
[Schabkunstblatt von G. Fenitzer, wohl nach einem nicht erhaltenen Ölbild. Privatbesitz.]

Da der Nürnberger Handel vorwiegend nach Osten orientiert war, und da Böhmen durch die Hussitenunruhen für den Handel versperrt war, zogen die Nürnberger Kaufleute nun über Hof, Plauen, Zwickau, Chemnitz (also etwa entlang der heutigen Autobahn) Richtung Breslau, Krakau und darüber hinaus. In Breslau hatte zeitweilig der kaiserliche Schatzmeister Mathias Lemmel gelebt, und in Krakau lebte nun dessen Sohn, Sigismund Lemmel, als Geistlicher und als Komponist.

So lag es im Zuge der Zeit, dass die Familie Lemmel sich in Chemnitz an der wichtigen Ost-West-Handelsstraße niederließ.


 5. Die Chemnitzer Lemmel: Fernhändler, Tuchmacher, Bergbau-Unternehmer


Aus den Chemnitzer Lemmel-Urkunden des 15. Jahrhunderts (9,10) lässt sich folgendes sagen:

1427 lässt sich Michael Lemmel, der zuvor in Freiberg als Strauchdieb aus Tetschen aufgefallen war, in Chemnitz nieder. Er kehrt jedoch nach Nürnberg zurück, und sein älterer Bruder Martin übernimmt die Stellung und wird 1437 Bürger in Chemnitz.

Vermutlich ist er in erster Linie ein Weber und Tuchhändler. Er muss recht wohlhabend sein, denn seine beiden Söhne kann er auf die Universität schicken. Der ältere, Martin, studiert 1431 in Wien und übernimmt dann das väterliche Geschäft in Chemnitz. Der andere, Michael, studiert in Leipzig und Erfurt; er wird Geistlicher und Jurist. Zwischen 1460 und 1480 sind drei Urkunden erhalten, wonach er als kaiserlich approbierter Notar Streitigkeiten der Klöster Chemnitz und Naumburg schlichtet.

Der jüngere Merten Lemmel wohnt 1476 in der "Webergasse", die sicher nicht nur so hieß sondern auch von Webern bewohnt wurde. Und seine Witwe besaß später (1495) ein Haus am Salzmarkt, das zuvor (1466) einem Viermeister der Tuchmacherzunft, Peter Hösel, gehört hatte (6). Wie Helmut Bräuer (11) zeigte, zählten die Weber und Tuchmacher zu den angesehensten Chemnitzer Zünften. Aber die Lemmel gehörten nicht zu den Familien, die im Chemnitzer Rat saßen. Das waren die reichen Tuch- und Metallhändler Schütz, Neefe, Arnold, Thiel und einige andere. Aber am Chemnitzer Salzmarkt und vor dem Niklastor, wo am Chemnitzfluss Mühlen und Produktionsstätten lagen, waren die Lemmel Nachbarn der Schütz, Neefe und Thiel. Vermutlich waren sie mit diesen Familien auch verschwägert, aber die spärlichen Urkunden dieser Zeit berichten nichts über die Lemmel-Frauen und Lemmel-Töchter.

Um 1500 leben die schon zuvor erwähnten Brüder Hans und Paul Lemmel in Chemnitz, von denen der eine vier, der andere sechs Söhne hat.

Paul ist vermutlich wieder ein Leinenweber. Er dürfte die Tochter seines Flachslieferanten aus Neukirchen geheiratet haben, denn alle 6 Söhne leben fortan auf dem Lande, in Neukirchen, Markersdorf und Adorf, wie man es in dem eingangs erwähnten Neukirchener Gerichtsbuch dokumentiert findet.

Hans hingegen ging ins Erzgebirge, wo der Bergbau durch neue Funde und verbesserte Techniken wieder attraktiv wurde. Seine Söhne sind Bergbau-Unternehmer in den Bergstädten Schneeberg, Platten, Annaberg, Geyer, Thum und Marienberg.

Hier haben wir wieder genau die Struktur eines Familien-Unternehmens, wie wir es 100 Jahre früher von den Nürnberger und Bamberger Lemlein kennen gelernt hatten. Ähnlich hatten die Fugger und Welser angefangen. Einer, Paul Lemmel, produziert Leinen und handelt damit; sein Bruder Hans betätigt sich im Bergbau, der Onkel Michael, Geistlicher und Jurist in Chemnitz, vermittelt das juristische Rüstzeug und die Beziehungen zur Obrigkeit.

Möglicherweise gab es hier noch einen weiteren Lemmel, über den noch keine Urkunde aufgefunden wurde, und der Fernhändler war: In Dirschau (bei Danzig an der Weichselmündung) taucht wenig später eine Lemmel-Familie auf, die vielleicht aus Chemnitz kam. Um 1500 war Friedrich von Wettin, der Sohn des sächsischen Herzogs Albrecht, Hochmeister des Deutschen Ordens, was dem Handel zwischen Sachsen und dem alten Preußen sicher förderlich war. Man kann daher vermuten, dass auch die Dirschauer Lemmel-Familie aus Chemnitz stammte.

In den Lemmel-Generationen nach 1500, für die die nun vermehrt einsetzenden Urkunden detaillierte Auskünfte geben, ist von einem größeren Lemmelschen Handelsunternehmen nichts mehr festzustellen. Die Enkel und Urenkel sind Bauern, Handwerker und Bergleute, die sich ganz ihrer neuen Umgebung eingegliedert haben.


 
Das alte Chemnitz.
In der Mitte das Rathaus und das um 1500 erbaute Gewandhaus,
dahinter in der Stadtmauer der Rote Turm.
Links hinter dem Rathaus die St.Jakobskirche, rechts oben außerhalb der Stadtmauer das St.Georgs-Spital und die St.Johanniskirche, links unten außerhalb der Stadtmauer die St.Niklaskirche. Nach diesen vier Kirchenheiligen benannte Hans Lemmel um 1480 seine vier Söhne.
Der Hausbesitz der Lemmel im 15. Jahrhundert lag in der Webergasse (im Bild hinter dem Rathaus), am Salzmarkt (neben dem Gewandhaus), in der Brudergasse bei der Abtei (im Bild im oberen linken Teil der Altstadt) und "über die Brücke bei St.Niklas" (links vorne im Bild).
Das "Kellerhaus", das Franz Lemmel 1698 kaufte, liegt unterhalb des Schlosses (am oberen Bildrand zu sehen).

Der Chemnitzer Hauptmarkt [Titelbild von "Familie und Geschichte" Heft Nr.36 2001]

6.1 Die Nachkommen des Chemnitzer Hans Lemmel: Schneeberg


Der Chemnitzer Hans Lemmel hatte vier Söhne, von denen drei in die Bergstädte des Erzgebirges gingen. Von dem vierten, Nickel, ist nur bekannt, dass er als jung verheirateter Mann starb.

Der eine Sohn, der wiederum Hans hieß, wurde im Jahre 1512 mit einem Bergwerk, einer "Fundgrube", in Schneeberg belehnt (12), wo er Schöffe, Gemeinde-Vorsteher und Vorsteher der Knappschaft wurde. Nach anfänglichem Wohlstand scheint er aber in weiteren Stollen, mit denen er belehnt wurde, wenig Glück gehabt zu haben, denn seine Witwe, die Hans Lemlin, wird schließlich aus der Kirchenkasse unterstützt. 

Im Geiste von Reformation und Renaissance wurde in Schneeberg eine Lateinschule gegründet, die um 1540 von neun jungen Lemmeln besucht wurde. Acht der Schneeberger Lemmel besuchten eine Universität. Zwei von ihnen wurden protestantische Pfarrer und Schulrektoren. Einer wurde Apotheker und ging nach Lüneburg, wo er aber leider "in grosser Melancholie" und kinderlos starb.

1 2 3
        1: Eigenhändige Unterschrift des
Apothekers Andreas Lemmel in Lüneburg 1580.
        2: Eigenhändige Unterschrift des Magisters Petrus Lemmel in Schneeberg 1614,
        3:   die Nachzeichnung seines Siegels.


Zwei Schneeberger Lemmel-Brüder gingen um 1550 als Kaufleute nach Wien (13) in die Hauptstadt des Reiches. Der eine, wieder ein Hans Lemmel, wurde dort ein wohlhabender Kaufmann. Da seine Frau eine Wienerin war, wurde er sogar in den Stadtrat gewählt. Er hatte die Schwester des Wiener Universitätsrektors, eine Pirkheimerin geheiratet, eine Verwandte des berühmten Nürnberger Humanisten Willibald Pirkheimer. Der Bruder, Stefan Lemmel, handelte mit Wein aus Sizilien. Beide waren führende Protestanten in Wien, und als dort der Habsburger-Kaiser Rudolf der II. die Gegenreformation betrieb, musste die Familie Wien verlassen. Bei der Suche, wohin die protestantischen Wiener Lemmel flüchteten, habe ich bisher nur eine Nachkommen-Linie in der Oberpfalz entdeckt, von der wiederum eine Lemmel-Linie abstammt, die wieder katholisch wurde und später als "Ritter Lemmel von Seedorf" geadelt wurde.

Zurück nach Schneeberg. Der Wohlstand wurde im Bergbau durch harte Arbeit erworben. Wenn in einer Urkunde das Wort "Bergmann" steht, so kann das zweierlei bedeuten: Es kann ein reicher Herr sein, der die Bergarbeiter bezahlt und das Erz verkauft; es kann aber auch ein Arbeiter sein, der selbst ins Bergwerk hinabsteigt und harte Muskelarbeit verrichtet. Die Schneeberger Lemmel waren beides, wie aus einigen Urkunden zu ersehen ist. Offenbar schickte der Bergunternehmer seine Söhne bereits im Alter von 12 Jahren als Arbeiter ins Bergwerk hinunter, damit sie den Betrieb von Grund auf erlernten.

Eines der Schneeberger Bergwerke hieß "der Rappolt"; es war um 1490 von dem Nürnberger Handelsherrn Friedrich Rappold (14) angelegt worden. Seine Tiefe wird in "Lachter" (etwa 1,90 Meter) gemessen. In einer Chronik des Schneeberger Geschichtsschreibers Peter Albinus heißt es:

      1526 ist Jacob Lemmel, itziger Berggeschworener in Schneeberg, damals
      ungefehr 12 Jahre alt, ins tiefste uffm Rappolt, in die 34 Lachter tief
      gefallen, und bey 3/4 Stunden gelegen. Sind seine Gesellen ausgefahren und
      sich verkrochen. Ist ihm doch in solchem hohen Falle nichts widerfahren, als
      daß er an dem linken Ohr übelhörendt worden.

Später wurde dieser "übelhörende" Jakob Lemmel Knappschafts-Vorsteher und Berggeschworener.

Es waren sehr harte Zeiten. Zweimal gab es in Schneeberg Stadtbrände, in denen auch das Lemmel-Haus abbrannte. Mehrmals gab es Pest-Epidemien. Aus dem Jahre 1521 ist ein merkwürdiger Bericht überkommen. In einer Chronik (15) heisst es:

      Von denkwürdiger Gottlosigkeit und Frevelthat einiger rohen und losen
      Pursche: Anno 1521 rumorte die Pest in Schneeberg also, daß etliche 100
      daran auffgerieben wurden. In der Pest-Zeit fanden sich einige gute Schmauß-
      Brüder in Hannß Lemmels Haus zusammen, waren lustig und guter Dinge, trieben
      also ohne Furcht der Seuche Tag und Nacht, haben die ganze Sterbens-Zeit
      über gefressen und gesoffen, lustig und guter Dinge gewesen, und diese alle
      sind gleichwohl von der Seuche unangetastet und lebendig geblieben. - So
      steht es in einer Schneeberger Chronik unter der Überschrift: "Von Gottes
      Wunder-Gerichten bey Sterbensläufften".

Während hier Hans Lemmel die Pest erfolgreich mit Alkohol bekämpfte, wurde später dieser Familienzweig durch die Pest ausgelöscht. Nur bei dem nach Wien abgewanderten Zweig gibt es heute lebende Nachkommen.

Von dem Wiener Ratsherrn Hans Lemmel, der 1531 in Schneeberg (13) geboren wurde, seinem Vetter Andreas Lemmel, dem Lüneburger Apotheker, und seinem Neffen Petrus Lemmel, der Magister und Konrektor der Schneeberger Lateinschule war, gibt es eigenhändige Schriftstücke, die teils sogar mit ihrem Siegel (16) versehen sind. Die Siegel zeigen jeweils ein Lamm-Wappen, das aber nur entfernt an das bekannte Lamm-Wappen der Bamberger Vorfahren erinnert.

Ein besonderes Prunkstück der Familiengeschichte ist die Porträtmedaille (17) des Wiener Ratsherrn Hans Lemmel von 1583. Sie zeigt auf der einen Seite Hans Lemmel im Profil, auf der Rückseite seine Frau Ursula Lemlin geborene Pirkheimer. Ein anderes Exemplar zeigt auf der Rückseite Hans Lemmels Mutter, die Schneebergerin Margaretha Lemlin. Ihr Geburtsname ist leider nicht überliefert, so dass man nicht weiß, aus welcher Schneeberger Familie die Margaretha stammt, deren Porträt im Wiener Münzkabinett zu besichtigen ist. (Erst 2011 stellte sich heraus, dass ihr Geburtsname Preyßker war und dass sie nicht die Mutter sondern die Stiefmutter des Wiener Hans Lemmel war.)
 
Hans Lemmel, geboren 1531 in Schneeberg im sächsischen Erzgebirge,
Kaufmann, Ratsherr und protestantischer Kirchvater in Wien, gestorben 1601.
Porträtmedaillen im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien.
Oben: Porträt Hans Lemmel und sein Siegel.
Unten: seine Mutter Margaretha Lemlin in Schneeberg und seine Frau Ursula
Lemlin geborene Pirkheimer in Wien.
Mitte: Die Beschriftung auf seinem Testament.

 6.2 Die Nachkommen des Chemnitzer Hans Lemmel: Marienberg


Ein anderer Sohn des Chemnitzer Hans Lemmel war Jakob Lemmel, der erst kürzlich von Klaus Schröpel in Thalheim in einem alten Bergbuch (18) entdeckt wurde. Er ging als Bergunternehmer nach Marienberg (19), wo er zahlreiche Nachkommen hatte. In den Kirchenbüchern, die hier schon um 1550 beginnen, sind bereits 10 Lemmel-Vettern verzeichnet, die in kurzer Zeit 41 Kinder taufen ließen. Aber die Bergwerke waren nun nicht mehr so ertragreich, und um 1600 sind alle Lemmel wieder aus Marienberg verschwunden. Etliche raffte die Pest dahin, aber einige sind abgewandert, und wir finden sie an anderen Orten wieder: als Schneider in Schwarzenberg oder als Zuckersieder in Leipzig. Aber dort fielen ihre Familien freilich auch bald der Pest oder dem 30-jährigen Krieg zum Opfer, so dass es aus dem einst so zahlreichen Marienberger Lemmel-Stamm schon bald keine Nachkommen mehr gab.
 
Eine Urkunde von 1532: Jakob Lemmel erhält vom Bergmeister
eine Fundgrube in Geyer verliehen.

Melchior Lemmel aus dem Marienberger Stamm wurde Bürgermeister von Glauchau. Drei seiner Enkel gingen um 1680 mit einer holländischen Gesellschaft als Pulvermacher nach Niederländisch-Ostindien, dem heutigen Indonesien. Dort starben sie an Tropenkrankheiten, wodurch dieser Familienzweig ausgelöscht wurde. Hierüber berichtete ich schon am Dresdener Familientag (1).

Schließlich aber gingen zwei Bergbau-Lemmel aus dem Erzgebirge nach Norwegen (20). Die Erschließung des norwegischen Bergbaus erfolgte mit der tatkräftigen Hilfe von Bergleuten aus dem Erzgebirge. Im Jahre 1540 wurde eine "Norwegische Bergwerksordnung" in Zwickau in deutscher Sprache gedruckt. Zu dieser Zeit reformierten die sächsischen Kurfürsten Moritz und August ihre Bergverwaltung; 1554 wurde eine kursächsische Bergordnung erlassen (20a).

In Trondheim in Norwegen lebte noch um 1770 eine Lehrer-Familie Lemmel. Im Jahre 1659 tauchte in Schneeberg ein Mathias Lemmel auf, "ein Bergmann gebürtig aus Norwegen", dessen Nachkommen in Freiberg und Halsbrücke als Hüttenmeister, Berggesell, oder Drahtzieher lebten.

 
Ein Holzschnitt von etwa 1528, der ein Edelmetallbergwerk im
sächsischen Erzgebirge zeigt. (20b)


6.3 Die Nachkommen des Chemnitzer Hans Lemmel: Annaberg


Georg, der dritte Sohn des Chemnitzer Hans Lemmel (10), ging ebenfalls als Bergunternehmer ins Erzgebirge, und zwar zunächst nach Platten auf der böhmischen Seite.

Hier in den Bergstädten herrschten rauhe Sitten, wie aus folgendem Ereignis zu ersehen ist:

  Anno 1586 in Joachimsthal im Erzgebirge ist der Müller Matthes Engelmann
  erstochen worden von Georg Lemmel zu Weynachten. Anno 1587 wurde zu
  dreyenmalen öffentlich Halsgericht gehalten über Georg Lemmeln dem
  flüchtigen Mörder.
 
Er wurde aber nicht gefunden. Vermutlich floh er nach Ehrenfriedersdorf, wo zwei seiner Söhne lebten. Für den einen, der wiederum Georg Lemmel hieß, ist eine Kuriosität zu vermelden: Er war von Beruf ein Fleischer und heiratete die Tochter eines anderen Fleischers, der "Petersillig" hieß; das war wohl ein Spitzname, der daher rührte, dass er die Wurst mit viel Petersilie versetzte. Georg Lemmel übernahm nun die Fleischerei seines Schwiegervaters und übernahm damit auch dessen Namen. Als er starb, wurde im Totenbuch eingetragen: "Yörg Petersillig sonst Lämmel, Bürger und Fleischer in Ehrenfriedersdorf". Sein Sohn und seine Enkel hießen dann gar nicht mehr Lämmel sondern nur noch Petersillig.

Der Mörder Georg Lemmel war einer der Enkel des ersten Georg Lemmel aus Chemnitz. Dieser war also gut beraten, als er sich schon bald aus dem gefährlichen Bergbau zurückzog. Er ging erst nach Annaberg, wo sein ältester Sohn 1534 heiratete; dann erwarb er in der Nähe Landbesitz, wo die zahlreichen Nachkommen als Bauern lebten.

Georgs Sohn Bartel Lemmel erwarb um 1590 ein Bauerngut in Gelenau. Unter seinen Nachkommen finden wir sowohl Klaus Lämmel, den Organisator des Chemnitzer Familientages, als auch Thomas Lämmel, unseren Gastgeber in Lichtenwalde.

Einer von Georgs Enkeln, Peter Lemmel, erwarb ein Bauerngut in Drebach. Er ist dort als ein "Pferdner" verzeichnet: das ist der Besitzer eines größeren Bauerngutes, der Pferde besass, im Gegensatz zu den Kleinbauern, die nur Ochsen hatten. Im 16. Jahrhundert gab es Bauernaufstände gegen die zu hohen Steuern, die von der Obrigkeit verlangt wurden. Dabei war in Drebach Peter Lemmel der erste von vier Sprechern der Bauern. Es ist wohl seinem Geschick zu verdanken, dass für die Aufrührer in Drebach alles gnädig ausging, während an anderen Orten mit Einkerkern und Hängen gestraft wurde. Mit den Drebacher Bauern wurde 1590 ein Vertrag geschlossen, der ihnen mehr Rechte als seither zugestand.

Ein anderer von Georgs Enkeln, Caspar Lemmel, lebte um 1600 in der Bergstadt Thum. Man könnte vermuten, dass er auch hier als ein Bergwerks-Unternehmer lebte, aber das trifft nicht zu; er hatte umgesattelt. Es ist eine Beschreibung seines Besitzes erhalten (21). Sein Besitz, Chemnitzer Strasse 3, war ein "Bürgerhaus mit Braubrechtigung"; zu seinem Haus gehörten "Hof und Garten, Äcker und Wiesen". Das Haus hatte "sehr alte gewölbte Keller, in denen die Waren eines Frachtfuhrmannes und die Bierfässer eines brauberechtigten Bürgers gelagert werden konnten". Daneben gab es einen geräumigen Pferdestall.

Caspar Lemmel war also ein Landfuhrmann, der seine Pferde auf seinen eigenen Wiesen weiden lassen konnte. Welche Waren er in seinem Keller lagerte und mit seinen Frachtwagen transportierte, ist nicht überliefert. Er dürfte mit allem gehandelt haben, was zur Versorgung der Bergarbeiter mit Kleidung und Nahrung nötig war. Wie Helmut Bräuer zeigte (11), waren die Bergstädte auf Zulieferungen in so hohem Maße angewiesen, dass beispielsweise von Chemnitz nach Annaberg wöchentlich 18 Wagenladungen Brot geliefert wurden. So konnte Caspar Lemmel hier als Landfuhrmann ein gutes Geschäft machen.

Georg Lemmel aus Chemnitz wurde der Stammvater der Lemmel/Lämmel-Stämme Cranzahl, Buchholz, Auerbach, Jahnsbach, Gelenau, Drebach, Venusberg, Neundorf, Gestewitz, u.a.

In allen diesen Orten gehören die Lemmel zu den ältesten ansässigen Familien. Manche Bauernhöfe hier waren 300 oder 400 Jahre lang in Lemmel-Besitz, so dass man den Namen Lämmel jetzt auch auf Landkarten finden kann: Oberhalb von Drebach gibt es den 627 Meter hohen "Lämelberg", der als ein beliebtes Ausflugsziel gilt. Auch in Neudorf und Cranzahl gibt es Flurnamen wie Lämmel-Bächlein, Lämmel-Mühle, Lämmel-Kalkofen, die bereits im 16. Jahrhundert beurkundet sind.

Einige der Lämmel-Höfe waren mit dem dörflichen Richteramt verbunden, das ein erbliches Amt war.

Auf einem Bauerngut in Cranzahl lebte der Schöffe und Richter Michel Lemmel, der aus vier Ehen 16 Kinder bekam. Über seine dritte Frau steht 1619 im Kirchenbuch: Christina Lemmel, Hausfrau des Gerichtsschöppen Michel Lemmel, wurde am 9. Juli "nachmittags 2 Uhr vom Donner im Hause getroffen und blieb tot liegen".

In Buchholz bei Annaberg entwickelte sich ein Zentrum des Posamenten-Gewerbes, um den in der Barockzeit aufkommenden Bedarf an Borten, Fransen, Quasten und anderen Verzierungen für Militäruniformen, Trachten und Polstermöbel zu decken. Da gab es im Buchholzer Lämmel-Stamm eine Dynastie von 14 Posamentier-Meistern. Unter den Nachkommen gibt es einige künstlerische Begabungen, darunter den Dresdener Graveur Hermann Lämmel, der 1892, zur 400-Jahrfeier der Entdeckung Amerikas, eine Gedenkmedaille entwarf und prägte (22).

Nur nebenbei ist der eine oder andere noch mit dem Bergbau verbunden. 1623 heiratet in Zwönitz der Bäckermeister Martin Lemmel. Bald darauf wird er im Bergbuch des Bergamtes Geyer (23) als "Gewerke mit einem Kux" verzeichnet. Sein Neffe Christof Lemmel, der als Müller in Zwönitz lebt, ist als "Gewerke mit einem halben Kux" verzeichnet. Diese beiden sind nicht aktive Bergleute; sie haben mit ihren "Kuxen", das entspricht etwa heutigen "Aktien", Anteile am Bergwerk erworben und hoffen nun auf einen guten Ertrag. Aber das Bergglück war dem Martin Lemmel nicht gewogen, und er starb in bitterer Armut. Am 11. März 1660 wurden in Zwönitz zwei alte "verlebte" Eheleute Martin Lemmel und sein Weib Catharina zusammen in einem Grab "verscharret", nachdem sie nur 12 Stunden nach einander gestorben waren. So steht es in der Lehmannschen Chronik (15) "derer natürlichen Merkwürdigkeiten" im Erzgebirge.

Mitten in Zwönitz gibt es gleich neben dem Rathaus ein ansehnliches Gebäude, das als das "Lämmelhaus" bekannt ist. Ich hatte vermutet, dass dies das Anwesen des Martin Lemmel des 17.Jahrhunderts gewesen sein könnte, aber das war es nicht. Horst Lämmel in Thalheim erkundete, dass das Lämmel-Haus ursprünglich die Zwönitzer Posthalterei gewesen war, die erst um 1920 von dem Spediteur Oswald Lämmel aus dem Drebacher Lämmel-Stamm übernommen wurde. Erst seit dieser Zeit heisst es das "Lämmel-Haus".

 
Das "Lämmel-Haus" (Mitte) in Zwönitz am Markt.
Es ist die ehemalige Posthalterei gleich neben dem Rathaus (rechts).


 
Neukirchen bei Chemnitz: Ausschnitte aus der Türkensteuerliste 1501.
Oben: "Pauel Lemmell". Darunter der "Hausgenosse" "Jorge Lemmell".

7. Die Nachkommen des Chemnitzer Paul Lemmel


Man hat sich gewundert, dass Paul Lemmel, der einer durch und durch städtischen Familie angehörte, mit seinen Söhnen ins Dorf zog (10). Einer der Nachkommen, der Pfarrer und Familienforscher Lothar Wunderwald, formulierte es so: "Warum soll ein Großkaufmann Paul Lemmel sich plötzlich hinter den Pflug stellen, den Kuhstall ausmisten und ein kümmerliches Leben unter Menschen führen, die kaum lesen und schreiben konnten?" Nun, ganz so kümmerlich dürfte das Dorfleben doch nicht gewesen sein.

Es gab gute Gründe für den städtischen Unternehmer, vor die Tore der Stadt zu ziehen. Wie Helmut Bräuer es schilderte (11), waren die Leineweber in der Stadt recht beengt. Sie brauchten Platz zum Lagern von Flachs und zum Aufstellen der Webstühle; sie benötigten freie Wiesenflächen zum Bleichen des Leinens; schließlich mussten sie Pferde und Fuhrwerke irgendwo einstellen. Auch gab es in Chemnitz mehrfach Streit um Privilegien und Kontroversen mit den Zünften und dem Stadtrat, so dass auf dem Lande "unzünftige" Webstühle aufgestellt wurden, auf denen, wie man es heute nennen würde, Schwarzarbeit gemacht wurde.

Als Paul Lemmel um 1500 nach Adorf und Neukirchen hinauszog, war er über 50 Jahre alt, und seine sechs Söhne kamen gerade ins beste Heiratsalter. So verwundert es nicht, dass sie am neuen Wohnort in die bäuerliche Bevölkerung einheirateten. Wie sie hier lebten, ist zwei Generationen später beurkundet.

 
Ausschnitt aus dem Gerichtsbuch von Ehrenfriedersdorf von 1571.
"Nickel Lemmels hinderlaßene Erben und ihre Stifmutter" lassen
das Ergebnis ihrer Erbverhandlung beurkunden.


1571 starb in Thum Nickel Lemmel, einer von Pauls Enkeln. In seiner Hinterlassenschaft fanden sich 36 Ellen "Flachsen Linnet", 3 Kühe und verschiedener Kleinkram, darunter ein flachsenes Tischtuch, ein "grobes Bettzeug nit gar neu", ein Mantel, eine Truhe, eine Zinnschüssel, und sonst nichts nennenswertes. Er hatte also eine kleine Landwirtschaft für den Eigenbedarf, sowie einen bescheidenen Handel mit Leinen. Wohlhabend war er nicht, denn er hinterließ auch Schulden. Sein Vater, Nickel Lemmel in Adorf, war noch wesentlich wohlhabender gewesen, mit einem größeren Bauerngut für den Flachsanbau und mit einer Gastwirtschaft.

Etliche von Pauls Nachkommen sind in den Steuerverzeichnissen als "Gärtner" eingetragen. Das darf man nicht als Gärtner im heutigen Sinne verstehen. Es zeigt nur an, dass sie nicht wie ein Bauer ein Bauerngut zu versteuern hatten, sondern dass ihr Landbesitz nur aus einem kleineren Garten bestand. Man muss annehmen, dass sie ein Handwerk ausübten, vielleicht das eines Leinenwebers. Erst in den späteren Kirchenbucheintragungen sind die ausgeübten Handwerke explizit angegeben.

In Neustadt bei Chemnitz zeigt sich, dass sich hinter der Bezeichnung "Gärtner", wie es in der Steuerliste steht, ein "Mälzer", also Malzhändler, verbarg, der durchaus wohlhabend gewesen sein mag. Einer von ihnen, Hans Lemmel, 1644 in Neustadt als Sohn eines "Mälzers" geboren, ist der sächsisch-polnische General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel unter August dem Starken, über den ich am letzten Familientag in Dresden berichtete (1). 1692 stiftete er der Chemnitzer Nikolai-Kirche eine Glocke, die 225 Jahre lang den dortigen Lemmeln läutete, bis sie 1917 im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen werden musste.

Sein Bruder Franz Lemmel, der zunächst, wie sein Vater, als Mälzer und Gerichtsschöffe in Neustadt lebte, scheint dort ein gutes Geschäft gemacht zu haben, denn 1698 kaufte er sich in Chemnitz eine bekannte Bierwirtschaft, das sogenannte Kellerhaus unter dem Schloss, das derzeit gerade renoviert wird. Die Chemnitzer Zeitungen berichteten darüber (siehe Abbildung). Seine Söhne blieben hier aber nicht sondern zogen das bäuerliche Leben in Stelzendorf vor. So blieb das Kellerhaus leider nicht in der Familie.
 

Unter den Ururenkeln des Chemnitzer Paul Lemmel sind fünf, die wiederum Paul Lemmel heißen, und einer davon ist das schwarze Schaf der Familie. Während alle braven Lemmel im Neukirchener Kirchenbuch verzeichnet sind, finden sich über diesen Paul Lemmel unrühmliche Einträge im Verzeichnis der "Huren und Buben im Kirchspiel Neukirchen" und im "Malefizbüchlein der Gutsherrschaft Neukirchen". Soll ich hieraus etwas berichten? Ja?

Also: Zu dieser Zeit saß auf dem Neukirchener Rittergut ein übler Herr namens Heinrich Gröbel, und besagter Paul Lemmel gehörte zu seinem Gesinde. Im Jahre 1609 beginnt die Geschichte damit, dass "Paul Lemmell zu Neukirch hinweggangen ist, weil er eine Zeitlang mit Katharina R. hurerey getrieben und sie geschwengert welche gleichfalls auch davongelauffen". Zwei Jahre später wird Paul Lemmel vom Pfarrer wieder "zu seinem Pfarrkind angenommen", nachdem er seinen Ehebruch "öffentlich bekannte und auch öffentlich Buße tun mußte". Auf dem Gut wird er von Heinrich Gröbel wieder angenommen, muss aber einen "Revers geben, dass er niemals erzähle, worüber er gesündiget hat". Aus Dank für die Wiederaufnahme beim Schlossherrn Gröbel übernahm er die Durchführung einer nächtlichen Beerdigung des an der Pest verstorbenen Sohnes Jochim des Schlossherrn. Derweil wurde Gröbels Tochter Sibille diskret nach Böhmen geschickt und der, der sie geschwängert hatte (zum Glück war es nicht unser Paul Lemmel), wurde erschossen. Darauf aber wurde Heinrich Gröbel in der Augustusburg in Haft genommen, und das Gut Neukirchen wurde an den Kurfürsten abgetreten. Der Pfarrer schrieb dazu: "Gott say Lob, Ehr und Dank, dass dieser Tyrann und gröbste Bauer hinweg ist." Gleichzeitig verschwand auch Paul Lemmel.

Aber alle anderen Nachkommen des Chemnitzer Paul Lemmel waren ehrenwerte Leute. Unter denen, die die verschiedensten ländlichen Berufe ausübten, gab es auch wieder einige Bergarbeiter. Und wenn man darüber Berichte findet, dann stößt man wieder einmal auf ein Unglück: ein Beispiel für die schrecklichen Arbeitsbedingungen im damaligen Bergbau.

Dazu muss ich zunächst einige Erläuterungen geben. In Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge gab es ein Bergwerk mit einem Schacht, der der "Junge Bierkrug" genannt wurde, etwa 50 "Lachter" tief, das sind etwa 80 Meter. Die Bergleute, die zum Schutz einen "Schachthut" auf dem Kopf hatten, fuhren "von tag", (also "hinunter"), über eine "Fahrt", das ist ein System von beweglichen Leitern, die, von einem Mühlrad angetrieben, ständig auf und ab bewegt wurden. Im Totenbuch des Jahres 1737 findet man diesen Eintrag:

    Johann Christoph Keller, juvenis Metallicus, 20 1/4 Jahre alt, und Johann Christoph Lämmel,
    Bergknab, 14 1/4 Jahre alt. Beide sind Sonnabend den 29. Juni früh 3/4 5 Uhr aufn jungen
    Bierkrug nach verrichteten Gebet eingefahren, an ihre Arbeit zu gehen; nachdem aber dieser
    nomine Lämmel kaum 1 1/2 Lachter von tag gefahren, so fället Er, ohne daß es jemand gewahr
    wird, von der Fahrt, Gott weiß, wie es zugegangen, hinweg, und da noch zwey purschen in der
    mitten eingefahren, berührt er diese nicht, den untersten aber, nomine Kellern, nimmt er mit
    hinein, daß sie beiderseits so elendiglich umbkommen müssen, da Lämmel in die 48 Lachter,
    Keller aber 35 Lachter gefallen. Keller ist dergestalt elendiglich zugerichtet gewesen, daß sein
    Gehirn im Schachthut zusammengelesen werden mußte, beyde sind aber tod herausgezogen und
    nach Hause gebracht worden zum größten Leidwesen ihrer Eltern.
 
Im Gegensatz zu diesen Bergleuten lebten die meisten Nachkommen des Paul Lemmel ein ruhiges ländliches Leben ohne spektakuläre Ereignisse, viele von ihnen als Leineweber und Strumpfwirker. Auf dem Lande hatte die Pest nicht so schreckliche Auswirkungen wie in den Bergstädten, so dass sich die ländlichen Lemmel stärker vermehrten als die in Schneeberg und Marienberg, die fast ganz der Pest zum Opfer fielen.

Für den Familienforscher gibt es hier das Problem, dass zu viele Lemmel den selben Vornamen haben. Den extremsten Fall gab es um 1590 im Kirchspiel Neukirchen: Hier und in den Nachbarorten Neustadt und Jahnsdorf gab es gleichzeitig acht Männer namens Paul Lemmel, die alle nach ihrem Urgroßvater, dem ersten Chemnitzer Paul Lemmel benannt worden waren. Da in den vorhandenen Urkunden die verschiedenen gleichnamigen Vettern nicht immer klar unterschieden werden können, so gibt es in manchen Ahnentafeln Unklarheiten, welcher Paul Lemmel der richtige Vorfahr ist. Und das, obgleich aus diesem Familienzweig die bedeutenden Familienforscher Herbert E. Lemmel und Johannes E. Herold stammen.

Die Nachkommen des Paul Lemmel lebten hauptsächlich in Neukirchen, Klaffenbach, Stelzendorf, Leukersdorf, Neustadt, Markersdorf, Jahnsdorf, Gornsdorf, Auerbach, Adorf, Raschau, Chemnitz-Borna, Rödlitz, Eschefeld.

Zum Eschefelder Lämmel-Stamm gehört der Leipziger Kupferstecher Moritz Lämmel, dessen Porträt-Stahlstiche berühmter Leute wie Beethoven, Goethe (24), Hölderlin, Schopenhauer, Schumann um 1860 weite Verbreitung fanden und im Brockhaus-Lexikon verwendet wurden. Von seinem Sohn Martin, der Kunstmaler war, sind Entwürfe für Spielkarten bekannt. 
 

8. Die Chemnitzer Lämmel nach 1800


Nachdem die Nachkommen der ersten Chemnitzer Lemmel kurz nach 1500 auf das Land und ins Erzgebirge gezogen waren, gab es in der Stadt Chemnitz lange Zeit nur vereinzelte Lemmel. Erst mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert zogen viele Lemmel und Lämmel aus dem Erzgebirge zurück nach Chemnitz, die meisten als Arbeiter und Handwerker. Die Schreibweise des Namens ist jetzt vorwiegend Lämmel.

Einige brachten es hier zu Ansehen und Wohlstand.

Der Strumpfwirker Benjamin Lämmel, geboren 1784 in Neukirchen, heiratete 1814 in Chemnitz-Nikolai (mit dem Geläut der vom General-Kriegszahlmeister Johann Lämmel gestifteten Lemmel-Glocke). Sein Sohn gründete in Chemnitz-Schönau eine Trikotagenfabrik. Dessen Enkel Max Lämmel, Trikotagenfabrikant und Kirchenvorsteher, stiftete der Chemnitzer Lutherkirche Abendmahlskelch, Kanne und Leuchter (25), zum Gedenken an seine im ersten Weltkrieg gefallenen Söhne.

Damals gab es in der Lutherkirche bereits eine andere Lemmel-Stiftung. Alexander Lemmel, geboren 1839 in Neukirchen, brachte es als Bäcker in Chemnitz zu Wohlstand. Er stiftete das Taufbecken in der Lutherkirche.

1986 war es der Ingenieur Roland Lämmel, wieder aus einem anderen Lämmel-Stamm, der mir als Mitglied des Kirchenvorstandes der Lutherkirche über diese Stiftungen berichtete.

Unter den Lemmeln aus Neukirchen und Klaffenbach gab es mehrere Firmengründer. Arthur Lemmel (*1880) gründete ein Textilwarengeschäft in Leipzig. Karl Hermann Lemmel (*1834) gründete eine Handschuhfabrik in Limbach, die unter seinem Sohn Theodor Max Lemmel bis in die 1960er Jahre als Stickerei-Manufaktur fortbestand. Paul Lemmel (*1867), Sohn des Chemnitzer Bäckers Alexander Lemmel, ging als Kaufmann erst nach Tanger in Marokko, dann nach Barcelona in Spanien, wo sein Enkel noch heute eine Handelsfirma für chemische und pharmazeutische Produkte betreibt. Und noch in jüngster Vergangenheit gründete Stefan Lämmel ein Autohaus, mit dem er von Chemnitz nach Neukirchen hinauszog.

 
 Literatur

1    Hans-Dietrich Lemmel: Die Familie Lemmel und August der Starke. In: Familienforschung in Mitteldeutschland 39. Jg. 1997/1998 S.193-204.    Erweiterte Fassung in: "lemlein filii" Heft 5 (1999) S.24-40, Selbstverlag Höfler-Lemmel D-92318 Neumarkt, Parkstr. 6.

2      Hans-Dietrich Lemmel: Nürnberger Lemlein im 14. Jh.; Fernhändler und Montanunternehmer bereits um 1300? In: Blätter für deutsche Landesgeschichte Bd.120 (1984) S.329-370. Und in: "lemlein filii" Heft 4 (1991), Selbstverlag Höfler-Lemmel D-92318 Neumarkt, Parkstr. 6.

3    Hans-Dietrich Lemmel: Regesten und Stammfolgen aller Lemmel und Lämmel, Hektografien in der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig; und: Mikrofilme Nr. 1691488 bis 1691491 (1990) der Genealogischen Gesellschaft von Utah.

4      Julius Theodor Pinther: Chronik der Stadt Chemnitz und Umgegend, Chemnitz 1855, S.185.

5      Im Rahmen dieser Übersicht über die Lemmel-Geschichte ist es unmöglich, die genauen Quel-len-angaben für die vielen benutzten Auszüge aus Kirchen- und Gerichtsbüchern im einzelnen anzugeben.

6      Herbert E. Lemmel: Herkunft und Schicksal der Bamberger Lemmel des 15. Jh.; in: 101. Bericht des Historischen Vereins Bamberg, Bamberg (1965), S.13-220.

7      Hans-Dietrich Lemmel: Die Bamberger Lemmel in Böhmen und Ungarn 1364-1475. In: "lemlein filii" Heft 2 (1975) S.37-78, Selbstverlag Höfler-Lemmel D-92318 Neumarkt, Parkstr. 6.

8      Hans-Dietrich Lemmel: Regesten und Stammfolgen der Nürnberger und Bamberger Lemlein, Manuskripte in Arbeit. Vorläufige Fassung in Nürnberger Archiven hinterlegt.

9      Herbert E. Lemmel: Geschichte der erzgebirgisch-vogtländischen Lemmel im 15.-16. Jahr-hundert; in: Deutsches Familienarchiv Bd.43 (1970) S.235-348.

10     Hans-Dietrich Lemmel: Regesten und Stammfolge der Familie Lemmel in Chemnitz 1427-1526, sowie 1501-1564 in Adorf und Neukirchen bei Chemnitz, 1556-1671 in Neudorf bei Annaberg, u.a. Lemmel-Verlag, A-1170 Wien, Handlirschgasse 14.

11     Helmut Bräuer: Handwerk im alten Chemnitz. Chemnitz, 1992. - Helmut Bräuer: Chemnitz und das Erzgebirge um 1500; Vortrag am Lemmel/Lämmel-Familientag Chemnitz-Lichtenwalde 2000.

12     Hans-Dietrich Lemmel: Regesten und Stammfolgen der Bergunternehmerfamilie Lemmel in Schneeberg im Erzgebirge 1512-1624. Lemmel-Verlag, A-1170 Wien, Handlirschgasse 14.

13     Hans-Dietrich Lemmel und Gerhard Lemmel: Hans Lemmel in Wien; Handelsmann, Ratsherr, Protestant. In: Wiener Geschichtsblätter, 35. Jg. 1980 S.69-81.

14     Der Nürnberger Handelsherr Friedrich Rappold ist ein Vorfahr von Konrektor Eugen Schöler in Schwabach, der auf dem Familientag 1989 in Nürnberg-Rummelsberg ein Referat über Nürnberger Familienwappen gehalten hatte. - Petrus Albinus: Meissnische Bergchronik Anno 1590. Zitiert bei Gustav Sommerfeldt: Erzgebirgische Forschungen und Geschlechterkunde Teil 1, Dresden 1929. Jetzt auch: Reprint-Ausgabe Verlag v.Elterlein, Stuttgart.

15     Christian Lehmann: Historischer Schauplatz derer natürlichen Merckwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge, Leipzig 1699, S.993. Und Christian Meltzer: Historia Schneebergensis Renovata, Schneeberg 1716, S.1059. Beides jetzt auch: Reprint-Ausgaben Verlag v.Elterlein, Stuttgart.

16     Hans Lemmels Siegel 1592: Archiv des Schottenstiftes Wien, Stiftungsurkunde vom 12.6.1592. Verg. Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, Bd.I/3 S.102 Urk. Nr.2702; Bd.I/5 S.153 Nr.5599. - Petrus Lemmels Siegel 1614: Staatsarchiv Dresden, Gerichtsbuch Marienberg Nr.54 für das Annaberger und Freiberger Viertel 1587-1671, nach Blatt 139; laut Mtlg Kurt Wensch 1988.

17     Kunsthistorisches Museum Wien, Münzkabinett, 2 Porträtmedaillen auf Hans Lemmel, 1583.

18     Bergarchiv Freiberg, Bergbuch des Amtes Geyer (1529-1640) Rep.62 Sect.XXXV Nr.17 Raum 10, und zwar S. 76b, 85b, 86a, 229b. - Mtlg K.Schröpel 1995.

19     Hans-Dietrich Lemmel: Regesten und Stammfolgen der Bergunternehmerfamilie Lemmel in Marienberg im Erzgebirge 1520-1750. Lemmel-Verlag, A-1170 Wien, Handlirschgasse 14.

20     Bergbaumuseum in Kongsberg, Norwegen; "Norwegische Bergwerksordnung", Zwickau 1540. - Die deutsche Einwanderung in Kongsberg, Heft 1 der Beiträge zur Geschichte des Deutschtums in Norwegen (ohne Datum, etwa um 1943).

20a     Lisa Kaiser: Die oberste Bergverwaltung Kursachsens im 16.Jh, in: Forschungen aus mitteldeutschen Archiven, Berlin 1953, S.255ff.

20b    Holzschnitt abgedruckt in der Süddeutschen Zeitung vom 5.12.1991.

21     Besitznachfolger von Caspar Lemmel war Hans Clausnitzer, dessen Besitz in Thum beschrieben wird. Helene Hoffmann: Tobias Clausnitzer ...; in: Zeitschrift für bayrische Kirchengeschichte Bd.29, Neustadt/Aisch 1960.

22     Siehe die Abbildung der Lämmelschen Amerika-Medaille in "lemlein filii" Heft 5 Seite 42.

23     Bergarchiv Freiberg, Bergbuch des Amtes Geyer, Rep.62 Sect.XXXV Nr.14 Raum 10, unter "Gewerken" des "Bergk Städtleins Zwenz" (= Zwönitz) S. 14, 16b, 35b. - Mtlg K.Schröpel 1995.

24     Siehe die Abbildung des Goethe-Porträts von Moritz Lämmel in "lemlein filii" Heft 5 Seite 43.

25     Siehe die Abbildung des Lämmelschen Abendmahlgerätes in "lemlein filii" Heft 5 Seite 46.           

Ergänzung: 
Die sächsischen Lemmel-Urkunden des 15. Jahrhunderts