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zur Stammtafel Lemmel-Schneeberg
zur Stammtafel Lemmel-Wien

Hans Lemmel in Wien: Handelsmann - Ratsherr - Protestant
Ein Beitrag zur Geschichte des Protestantismus in Wien
von Hans-Dietrich Lemmel und Gerhard Lemmel


Zuerst gedruckt in "Wiener Geschichtsblätter" 35.Jg. 1980 Heft 2 Seiten 69-81. Seither geringfügig ergänzt.

1. Herkunft der Familie
Die Bamberger Familie Lemmel [1] taucht in Wien erstmals kurz nach 1400 in den Matrikeln der Universität [2] sowie in hohen Staatsämtern auf: Mathias Lemmel als Schatzmeister von König Sigmund, und Hans Lemmel als Kammergraf der habsburgischen Könige Albrecht und Ladislaus Postumus [3]. Hans war zeitweilig Münzmeister in Hermannstadt, wo er 1438 ungarische Goldgulden mit seinem Wappen, einem Lamm, prägen ließ. Dieser Gulden liegt im Münzkabinett des Wiener Kunsthistorischen Museums; dort liegt auch eine Portätmedaille von 1583, die einen Hans Lemmel darstellt [4]. Johann Seivert und nach ihm andere Autoren behaupten, dass das Porträt von 1583 den Wiener Ratsherrn Hans Lämbl darstellt und dass dieser aus der selben Familie stammt wie der gleichnamige Kammergraf von 1438. Ein Beweis dazu fehlte bisher.
                                   
Die Wiener Urkunden nennen diesen Ratsherrn und Kaufmann Hans Lämbl zwischen 1557 und 1601. Seine Herkunft war bisher unbekannt. Im Wien des 16. Jahrhunderts hatten sich, wohl wegen der wechselhaften Verhältnisse am Ostrand des Reiches, keine so mächtigen Patrizier- und Kaufmannsgeschlechter herausgebildet wie in manchen anderen wichtigen Städten [5]. Der Eigenheit der Reichshauptstadt entsprechend gab es ständig Zu- und Abwanderung von und nach allen Teilen des Reiches, so dass die Herkunft vieler führender Wiener Familien bisher noch nicht ermittelt werden konnte.

 
Siegel des Hans Lemmel/Laemmel/Lämbl, geboren 1531 in Schneeberg im sächsischen Erzgebirge,
Kaufmann, Ratsherr und protestantischer Kirchvater in Wien, † 1601.

Der Name Lämbl nebst ähnlicher Formen ist in Wien und in ganz Österreich häufig. Familien dieses Namens sind hier seit dem 13. Jahrhundert alteingesessen [6]. Man sollte daher annehmen, dass auch der Wiener Ratsherr Hans Lämbl einer dieser altösterreichischen Familien zuzurechnen sei. Allein, mit ihm hat es seine eigene Bewandtnis.

Abkürzungen in den Fußnoten:
VGStW - Verein für Geschichte der Stadt Wien
WStLA - Wiener Stadt- und Landesarchiv

[1]    Herbert E. Lemmel, Herkunft und Schicksal der Bamberger Lemmel des 15. Jahrhunderts, in: 101. Bericht des Historischen Vereins Bamberg, 1965, S.13-220; derselbe, Geschichte der vogtländischen Lemmel im 15. und 16. Jahrhundert, in: Deutsches Familienarchiv 43, 1970, S.235-348 (siehe die dort angegebenen Quellen!); Hans-Dietrich Lemmel, Manuskripte (Ergänzungen zu vorigem).
[2]    Die Matrikel der Universität Wien, Graz-Köln 1956, Bd.1 (1377-1450). - Unter anderen 1431 Martinus Lemlein (aus Bamberg), der Ururgoßvater des Wiener Hans Lämbl.
[3]    Hans-Dietrich Lemmel, Die Bamberger Lemmel in Böhmen und Ungarn 1364-1475, in: Lemmlein filii, Stuttgart 1975 (Selbstverlag Lemmel).
[4]   Zwei 
Porträtmedaillen auf Hans Lemmel im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien; die eine mit dem Porträt Ursula Lemlin auf der Rü+ckseite, die andere rückwärts mit dem Porträt Margaretha Lemlin. Fotografien durch Hofrat Dr. Bernhard Koch 1978.  - Beschrieben bei:  Johann Seivert, Die Grafen der Sächsischen Nation, in: Ungarisches Magazin, 1782, Band 2, S. 261-302; J. und A. Erbstein, Verzeichnis der Hofrat Engelhardtschen Sammlung sächsischer Münzen und Medaillen; Karl Domanig, Die Porträtmedaillen des Erzhauses Österreich, Wien 1896; derselbe, Die deutsche Medaille, Wien 1907; Georg Habich, Die deutschen Schaumünzen des 16. Jahrhunderts, Band 2, Kunsthistorische Sammlungen in Wien, Reg.Nr. 26744; derselbe, Die deutschen Medailleure des 16. Jahrhunderts, Halle/Saale 1916 (Verlag der Münzhandlung A. Riechmann); Fritz Dworschak, Meister S.B., in: Archiv für Medaillen- und Plakettenkunde, Band 4; derselbe, Die Renaissancemedaille in Österreich, in: Jb. der kunsthistorischen Sammlungen in Wien, Band NF 1 (1926); derselbe, Wiener Porträtmedaillen des 16. Jahrhunderts, in: Mitt. VGStW Bd. 7, 1927, S. 103.
[5]    Friedrich Engel-Janosi, Zur Geschichte der Wiener Kaufmannschaft von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, in: VGStW Bd. 6 (1926) S.36; Peter Csendes, Zur Wiener Handelsgeschichte des 16. Jahrhunderts, in: Wiener Geschichtsblätter Bd.29, 1974, S.218; Grete Mecenseffy, Wien im Zeitalter der Reformation des 16.Jahrhunderts, in: ebenda S.198; Felix Czeike, Wien und seine Bürgermeister, Wien-München 1974. 
                        
[6]     Hans-Dietrich Lemmel, Die Lemmel/Lämbl/Lampl in Österreich 1254 bis ca 1625, Vortrag Wien 1976, Manuskript in der Bibliothek der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft Adler, Wien; vgl. Zeitschrift "Adler" Bd. 10 (24) (1976) S.30. - Über Lampl von Fronsburg vgl. z.B. Franz Karl Wissgrill, Schauplatz des landsässigen niederösterreichischen ... Herren- und Ritterstandes, Wien 1804, S.417. Diese sind ein Zweig des obersteirischen Gewerkengeschlechtes Lampl / Lempel (Zahlreiche Urkunden im Steiermärkischen Landesarchiv Graz); vgl. auch: Anton von Pantz, Die Gewerken im Bannkreise des Steirischen Erzberges, in: Jb. "Adler" NF Bd. 27/28 1917/1918. - Über das 13. Jahrhundert vgl. bes. Urkundenbuch des Landes ob der Enns Bd.3, Wien 1862, sowie Forschungen in Bayern von Herbert E. Lemmel und Gerhard Lemmel. - In Wien gibt es in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts neben dem Kaufmann und Ratsherrn Hans Lämbl mindestens noch einen weiteren Träger des gleichen oder ähnlichen Namens: 1554 heiraten in St.Stephan Hanns (Lampl?), Bürger zu Wien, und Anna, Witwe nach Jorg Püchel (Heiratsbuch fol.300). 1564 Hanns Lämpl, ein "Juwener im Preusch Haus", und Margareta, Jungfrau und Dienerin in der Bognergasse (fol.56r); 1575/76(?) Hans Lemp, ein Schlamp...gesell(?), und Barbara, Witwe nach Leonhard Geruss(?) (fol.173). - Am 13.April 1586 wird in St.Stephan getauft: Dorothea, Tochter des Hans Läml(?), Paten: Hans Skirrer(?), Eva Schrädlin(?), Maria Scholzin (Taufbuch fol.34r). - Alle diese können nicht mit dem Kaufmann und Ratsherrn Hans Lämbl identisch sein. Auch für den Messerschmied Daniel Lämbl, dessen Frau Christina 1583 ihr Testament macht, das von mehreren anderen Wiener Messerschmieden besiegelt wird (WStLA Test.964/16.Jh), ist keine Verwandtschaft mit dem Ratsherrn Hans Lemmel/Lämbl festzustellen.

Zunächst galt es zu klären, ob ihm tatsächlich die Porträtmedaille von 1583 zugeschrieben werden kann. Die unterschiedliche Schreibweise des Namens - in den Wiener Urkunden vorwiegend Lämbl, auf der Medaille hingegen Lemmel - sprechen zunächst gegen eine Identität. Jedoch gibt es eine Urkunde von 1592 [7], in welcher der Ratsherr im Text Lämbl, im Siegel aber Laemmel geschrieben ist. Zudem ist erwiesen, dass der Künstler der Medaille um 1583 in Wien wirkte.

Warum aber nennt sich der Ratsherr, der in fast allen Schriftstücken Lämbl genannt wird, ausgerechnet auf seiner Medaille und in seinem Siegel Lemmel oder Laemmel? Wenn er ein Österreicher ist, hat er hierzu keine Veranlassung, denn die Namensform Lemmel ist hier zu dieser Zeit unbekannt und entspricht nicht dem Wiener Dialekt. Die einzige Lösung ist, dass Lemmel sein ursprünglicher Name ist, dass er in Österreich zugewandert ist, und dass man ihn hier, dem Dialekt entsprechend, Lämbl nannte. Nur auf Siegel und Medaille behielt er die alte Namensform bei. Woher aber kam er?

Sein Siegel unter der genannten Urkunde zeigt ein Lamm mit einem Kreuzstab, auf einer Mauerkrone schreitend, sowie über dem Helm einen sechszackigen Stern in einem Strahlenkranz. Ein gleiches Siegel oder Wappen ist sonst nicht bekannt. Jedoch findet sich ein Lamm in den Wappen fast sämtlicher Familien namens Lemmel, Lampl usw. [8]; auch der Kammergraf Hans Lemmel von 1438 hat ein Lamm im Wappen [9].

Die Ergänzung des Lammes zum Osterlamm mit Kreuzstab oder Kreuzfahne oder beidem erfolgt unabhängig von einander in verschiedenen Familien [10]. Hans Lämbls Wappen sagt also nichts über seine Herkunft aus. Auch die Wiener Urkunden geben diesbezüglich keinen Hinweis. 1557 wird er hier als Bürger, jedoch lediglich als Kramer bezeichnet [11], ohne Herkunftsangabe.

Wenn er sich eine Porträtmedaille des hervorragenden Renaissance-Künstlers Severin Brachmann leisten konnte, muss er ein wohlhabender Mann gewesen sein. Brachmann porträtierte hauptsächlich Adelige, Politiker, Goldschmiede oder Kaufleute, die vorwiegend in Prag, Österreich, Bayern, aber auch in Norddeutschland lebten.

Die Medaille enthält einige verwertbare Daten. Es gibt zwei Exemplare: Beide zeigen auf der einen Seite Hans Lemmel, 1583, im Alter von 52 Jahren. Er wurde also 1531 geboren. Auf der Rückseite zeigt das eine Exemplar seine Frau Ursula Lemlin, 42 Jahre alt, das andere seine Mutter Margarete, die nach der Inschrift entweder 1583 oder im Alter von 83 Jahren starb, was nicht ganz klar ist.

Porträtmedaille Margaretha Lemlin


Mit dieser Information kann Hans Lemmel identifiziert werden. Aufgrund systematischer Familienforschung [12] sind um 1583 ein gutes Dutzend Personen namens Hans Lemmel bekannt, worunter auch einige sind, die - entsprechend der Medaille - eine Frau namens Ursula oder eine Mutter namens Margarete haben. Zum Beispiel lebte ein Bergunternehmer Hans Lemmel mit seiner Frau Ursula in Marienberg im Erzgebirge, wo er 1613 an der Pest starb [13]. Ein anderer war Hans Lemmel/Lembler, der ab 1572 mit seiner Frau Ursula als Fürstlich-Pfalzgräflicher Kellermeister in Sulzbach in der Oberpfalz lebte und Beziehungen nach Wien hatte: ein Verwandter von ihm heiratete um 1620 in Wien [14]. Bei genauer Untersuchung [15] zeigt es sich jedoch, dass beide um etliches jünger sein müssen als der 1531 geborene Hans Lemmel der Medaille.

Es bleibt ein weiterer Kandidat. In Schneeberg im sächsischen Erzgebirge gab es einen Hans Lemmel [16], dessen Mutter Margarete hieß und 1583 starb. Sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt, wohl aber, dass er im Schuljahr 1541/1542 in die Schneeberger Lateinschule aufgenommen wurde. Falls er, wie der Hans Lemmel der Medaille, 1531 geboren wurde, dann war er beim Eintritt in die Lateinschule 10 Jahre alt, und das ist dafür das richtige Alter. Sein weiterer Verbleib ist nach den Schneeberger Urkunden unbekannt; er dürfte also abgewandert sein, sofern er nicht in jungem Alter starb.

Die Schneeberger Daten und die Daten der Medaille stimmen also überein: im Geburtsjahr des Hans Lemmel, in der Schreibweise des Namens, im Vornamen der Mutter sowie im Sterbejahr der Mutter. Schließlich sei noch bemerkt, dass bei den Urkunden des gleichnamigen Großvaters in Schneeberg der Familienname neben der vorwiegenden Form Lemmel gelegentlich auch in den Wiener Nebenformen Lämmel und Lembl vorkommt. Dazu kommt die Tatsache, dass die Schneeberger Urkunden für Steffen Lemmel, den Bruder oder Vetter des Hans, nachweisen, dass er zeitweise in Wien lebte: 1584 wurde in Schneeberg eine "Wirtschaft", also ein Festgelage, zu Ehren des Besuches von "Steffen Lemmel aus Wien" veranstaltet.

Es kann also behauptet werden: Der Hans Lemmel der Wiener Medaille stammt aus Schneeberg und ist identisch mit dem in Wien genannten Hans Lämbl/Laemmel. Da die Schneeberger Lemmel nachweislich ein Zweig der Bamberger Lemmel sind [17], bestätigt sich die bei Seivert [18] unbegründete Überlieferung, dass der Ratsherr Hans Lemmel von 1583 aus der selbern Familie stammt wie der gleichnamige Kammergraf von 1438 [19].

Nachträgliche Ergänzung: Die Margaretha Lemlin der Medaille ist Hans Lemmels Stiefmutter. Sein gleichnamiger Vater heiratete 1539 in St.Joachimsthal: "Hans Lemmel von Schneeberg und Margaretha, eine Tochter Paul Preyßkers" [19a].

Hans und Steffen Lemmel/Lämbl spielen eine aktive Rolle in der Wiener Protestantenzeit. Die Untersuchung ihrer Herkunft trägt also zur Kenntnis der Quellen und Kräfte der Wiener Reformationszeit bei. Die Familie Lemmel ist im Schneeberger Bergbau seit 1512 nachzuweisen, in anderen Orten des sächsischen Erzbergbaus seit vor 1427. Um 1400 gehörten die Lemmel zum Patriziat in Bamberg, von wo sie Handel und Bergbau in Böhmen, Ungarn und Schlesien betrieben. Durch viele Generationen wird jeweils einer von mehreren Brüdern und Vettern Geistlicher, ein anderer Schöffe oder Ratsherr; so auch in Schneeberg.

Im 16. Jahrhundert bietet die Familie ein Beispiel dafür, wie reiche Bergunternehmer die Reformation fördern. Luther selbst war ja Sohn eines Bergmannes. Der Bergbau dieser Zeit erforderte selbstbewusste Persönlichkeiten von großer Vielseitigkeit. Sie waren als Kaufleute weit gereist, kannten die neuesten Technologien für Bergbau und Metallverarbeitung, lösten Versorgungs- und Sozialprobleme für Scharen von Bergarbeitern und mussten sich an ständig wechselnde politische Widrigkeiten anpassen. So mögen auf der einen Seite materielle Geschäftsinteressen ein Antrieb zur Unterstützung der Reformation gewesen sein, von der man sich Aussicht auf Befreiung von landesherrlichen Tributpflichten versprechen mochte. Andererseits war ein Wesensmerkmal der Reformation ein ausgeprägtes Bildungsstreben, das den Bergunternehmern förderungswürdig erscheinen musste: Von den zehn Söhnen und Vettern der ab 1530 geborenen Generation der Schneeberger Lemmel besuchten mindestens neun die dortige Lateinschule. Von den 19 Männern der dritten bis fünften Generation besuchten mindestens acht eine Universität. Zwei von ihnen wurden protestantische Pfarrer, einer Apotheker; die anderen fünf aber wurden nach kurzem Studium Kaufleute, teilweise auch Ratsherren; in dieser Funktion hatten sie beträchtliche Möglichkeiten, die an der Universität kennen gelernten reformatorischen Ideen in der Praxis zu fördern.

[7]    Archiv des Schottenstiftes Wien, Stiftungsurunde vom 12.Juni 1592. Christoff Hedeneckh, Goldschmied zu Wien, erneuert eine Stiftung des Matthes Schwarz von 1591. Vgl. Quellen zur Geschichte der Stadt Wien Band I/3 S.102 (Reg.Nr.2702); I/5 S.153 (Reg.Nr.5599).
[8]    Lamm-Wappen: Altes Wappen der Lampl in der Steiermark und der niederösterreichischen Lampl v.Fronsburg (Siebmacher Bd.31 S.260); oberösterreichische Lämpl in Freistadt und Wien (verschiedene Siegel im Oberöst. Landesarchiv Linz; Abdrücke durch Hans Sturmberger, 1975); fränkische Lemlein/Lemmel (Siebmacher Bd.42 Tafel 32); Heilbronner Lämlin (Siebmacher Bd.3 S.111; Bd.55/56 S.56). - Osterlamm mit Kreuzfahne: Lämpel in der Steiermark (Siebmacher Bd.3 S.79); Lemmel v.Seedorf aus Schlesien (Wiener geneal. Taschenbuch Bd.1 S.176). - Osterlamm mit Kreuzstab und Kreuzfahne: Lemble in Neuburg/Donau und Rennertshofen (Siebmacher Bd.54 S.114); Lemblein in Schwaben (Siebmacher Bd.1 S.116). Und viele andere mehr.
[9]    Lemmel, Anm. [3].
[10]    Vgl. Anm. [8].
[11]    WStLA, Einnahme des Bürgergeldes, Zettelkasten "Wiener Bürger".
[12]    Vgl. Anm. [1].
[13]    Kirchenbücher Marienberg im Erzgebirge, laut Mtlg R. Windisch.
[14]    Staatsarchiv Düsseldorf, Stolbergsche Leichenpredigt Nr.15022. - Johannes Lembler aus Sulzbach heiratete zwischen 1615 und 1630 die Anna Gossmüller von "Chorneuburg": Archiv des Schottenstiftes Wien, alfabet. Heiratsregister.
[15]    Hans-Dietrich Lemmel, Manuskripte.
[16]    Bergarchiv Freiberg, Schneeberger Bergverleihbücher. - Kirchenbücher, Kämmerei- und Kastenrechnungen von Schneeberg im Erzgebirge, insbes. Kämmereirechnung Nr.6050 für die "Wirtschaft" 1584. Die Schneeberger Regesten, die von Ernst Költzsch stammen, sind größtenteils unveröffentlicht und befinden sich derzeit bei Edwin Siegel, D-8500 Nürnberg, Saturnweg 41. - Weitere Quellen vgl. Anm. [1].
[17]    Vgl. Anm. [1].
[18]    Vgl. Anm. [4].
[19]    Der Ururur-Großvater des Ratsherrn Hans Lemmel, nämlich der Großkaufmann Mertein Lemlein/Lemmel, der 1437 von Bamberg nach Chemnitz übersiedelte, ist ein Vetter zweiten Grades des Kammergrafen Hans Lemmel; vgl. Lemmel, Anm. [3]. Das kann freilich Sievert (Anm. [4]) nicht gewusst haben.
[19a]    Kirchenbuch St.Joachimsthal, Trauungen, Internet 2011, actapublica.

2. Kaspar Lemmel, protestantischer Pfarrer in Niederösterreich
Die Schneeberger Familie Lemmel hatte einige direkte Kontakte zu führenden Reformatoren. Sie war verschwägert mit Andreas Meusel/Meuslin/Musculus, der ebenfalls aus einer erzgebirgischen Bergbau-Familie stammt, ein persönlicher Freund Luthers war, Generalsuperintendent der Mark Brandenburg wurde und Mitautor des für den Protestantismus wichtigen "Torgauischen Buches" von 1576 war, das man nach seinem Entstehungsort, Torgau an der Elbe, bezeichnete. Dort in Torgau wurde 1530 ein Vetter der Schneeberger Lemmel, Kaspar Lemmel, geboren, der evangelischer Pfarrer in Niederösterreich wurde [20].

Kaspar Lemmel studierte in Wittenberg, Tübingen und Straßburg Theologie und Sprachen, wurde dann Kantor in der schwäbischen Reichsstadt Giengen an der Brenz [21] und wurde 1564/1565 in Regensburg von Nikolaus Gallus ordiniert [22]. Gallus war einer der führenden Köpfe des nach-lutherischen Protestantismus und ordinierte die meisten evangelischen Geistlichen von Ober- und Niederösterreich [23].
Torgau, Schloss Hartenfels [Foto durch M.Fauth]
Kaspar Lemmel muss als junger Student erlebt haben, wie 1547 nach der Schlacht bei Mühlberg (nahe bei Torgau an der Elbe) der katholische Habsburger-Kaiser Karl der V. als Sieger in das Torgauer Schloss einritt, drei Jahre nachdem Martin Luther dort die neu erbaute Schlosskirche eingeweiht hatte [24]. Nun, 1564, kam Kaspar Lemmel als protestantischer Prediger in das habsburgische Kernland Niederösterreich, wo noch der unglückliche Torgauer Herzog und Kurfürst Johann Friedrich, dem man den Beinamen der "Sanftmütige" gab, gefangen saß. Selbst Lucas Cranach der Ältere hatte bei Karl dem V. vergeblich um Gnade für den gefangenen Herzog gebeten.

1564 bis 1569 war Kaspar Lemmel Pfarrer in Ottenschlag im Waldviertel, wo die Pfarre bei der letzten Visitation 1544 noch "gut katholisch" befunden wurde [25]. Zeitweilig muss er dort Schwierigkeiten gehabt haben, denn 1567 bewarb er sich als vertriebener Pfarrer um ein Amt in Württemberg [26], blieb dann aber doch in Niederösterreich - wohl infolge Maximilians des II. Religionskonzession von 1568 und Assekuranz von 1571 [27].

Noch 1580 war Kaspar Lemmel unter den Herren von Mammingen in Rabenstein südwestlich von St.Pölten tätig. Nach dem Tod Maximilians fand in diesem Jahr auf der Schallaburg eine Visitation der niederösterreichischen Pfarren statt, zu der auch Kaspar Lemmel aus Rabenstein vorgeladen wurde [28]. "Um das Jahr 1580", also entweder vor oder nach seiner Anstellung in Rabenstein, war er als evangelischer Prädikant in Opponitz bei Waidhofen an der Ybbs erwähnt [29]. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt.

Nachträgliche Ergänzung: Etwa gleich alt wie Kaspar Lemmel ist Thomas Lemmel, ein evangelischer Prediger 1556-1573 in der Zips. Seine Herkunft ist unbekannt.

Der bekannte protestantische Prediger Wolfgang Lempel in Steyr gehört nicht zu der hier besprochenen Familie Lemmel [30].


[20]    Bernhard Raupach, Evangelisches Österreich, Band 1, Hamburg 1741, Seiten 89, 244, 261. - Theodor Wiedemann, Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Lande unter der Enns, Prag 1879-1886, Band 4, S.174, Bd.1 S.412, Bd.3 S.4.
[21]    Gustav Bossert, Die Liebestätigkeit der evangelischen Kirche Württembergs für Österreich bis 1650, in: Jb. der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, Band 26, 1905, S.3.
[22]    Stadtarchiv Regensburg, Entwurf des Ordinationsdekrets von Nikolaus Gallus für Kaspar Lemmel; Fotokopie durch Dr. Hable.
[23]    Hartmut Voit, Nikolaus Gallus, Naustadt/Aisch 1977.
[24]    Oskar Thulin, Schloss und Schlosskirche in Torgau, Berlin/DDR 1963.
[25]    Vgl. Anm. [20]
[26]    Bossert, Anm. [21]
[27]    Mecensaffy, Anm. [5]
[28]    Vgl. Anm. [20]
[29]    Anton Kerschbaumer, Geschichte des Bistums St.Pölten Band 1, Wien-Krems 1875, S.396. - Laut Mitteilung des Pfarramtes Opponitz vom 9.9.1979 lässt sich in den dortigen Pfarrmatriken und im pfarrlichen Gedenkbuch nichts über den Namen Lemmel oder ähnliche Varianten feststellen.
[30]    Siehe Hans-Dietrich Lemmel: Die Lampl aus Bruck an der Mur, ADLER, 2017. - Herbert E. Lemmel (Anm. [1]) ließ auch den Steyrer Prediger Wolfgang Lempel aus der sächsischen Familie Lemmel stammen. Das kann nicht bestätigt werden, obgleich in Steyr auch andere Geistliche aus Torgau und Leipzig wirkten, von denen einer dem gefangenen Herzog Johann Friedrich von Sachsen die Leichenpredigt hielt. Vgl. Anm. [20] und Margarethe Mecenseffy: Zwei evangelische Städte und ihre Ratsbürger; Freistadt und Steyr im 16. Jahrhundert, Habilitationsschrift Univ. Wien 1951. - Wolfgang Lempel wurde in Kirchberg an der Krems geboren und entstammt der hauptsächlich in Bruck an der Mur ansässigen obersteirischen Familie Lampl/Lempel (vgl. Csendes, Anm. [5]), die bezeichnenderweise auch eine aktiv-protestantische Bergunternehmer-Familie ist. Aus dieser Familie stammen die Lampl von Fronsburg bei Hardegg sowie die Grazerin Ursula Lampl, deren Sohn Adam Grienpeckh als Lutheraner 1623 aus dem Wiener Äußeren Rat verstoßen wurde. Zwischen dieser Familie und dem Wiener Kaufmann Hans Lemmel/Lämbl lässt sich keine Verwandtschaft nachweisen (vgl. ebenfalls Csendes, Anm. [5]).

Nachträgliche Ergänzung: Der Hauptschuldirektor Roman Daxböck in Rabenstein veröffentliche eine historische Diplomarbeit über die Pfarre Rabenstein [Universität Wien, 2008]. Darin nennt er  eine weitere Quelle zu Caspar Lemmel.  Anton Kerschbaumer, Hippolytus. Theologische Monatsschrift der Diöcese St. Pölten 3. Jg. (1860) pag. 1–516, hier: pag. 238:
„Prediger Kaspar Lemmelius, geb. 1530 zu Torgau, hatte zu Wittenberg, Tübingen und Straßburg die Theologie und Sprachen erlernt und ließ sich 1564 zu Regensburg zum Prediger ordinieren, erhielt als solcher von Joh. Cyriac. v. Polhaim eine Anstellung zu Ottenschlag, die er bis zu seiner Beförderung auf die Pfarre Rabenstein 1569 beibehielt.“
Ähnlich auch in: Anton Kerschbaumer/Matthäus Joseph Binder, Hippolytus, 4. Jg. (1861) pag. 1–512, hier: pag. 452f.:
„Pfarrer Kaspar Lemmelius erlernte zu Wittenberg und Tübingen die Theologie und Sprachen. Nachdem Nikolaus Gallus zu Regensburg ihn 1564 mit der beschriebenen Predigerweihe ausgestattet und er dann vierjährige Predigerdienste zu Ottenschlag geleistet hatte, fand ihn Herr von Mamming tüchtig genug für das Pfarramt Rabenstein. Er trat diesen Posten 1569 an und bei der Visitation ward ihm besonders zum Verdienst angerechnet, daß er in der Schule selber den Unterricht der Jugend ertheilte.“

3. Steffan Lemmel/Lämbl, Kaufmann und Protestantenführer in Wien
Steffan Lemmel studierte ebenfalls in Wittenberg, 1563, nachdem er ab 1556 die Lateinschule in Schneeberg besucht hatte [31]. Er wurde dann als Kaufmann Bürger in Wien, wo jedoch die Quellen zunächst nichts über ihn aussagen. Insbesondere erscheint er nicht als Wiener Hausbesitzer [32]. Er ist lediglich in zwei Rechnungsbuch-Einträgen des Oberkammeramtes erwähnt. Danach lieh er 1576 der "Gemeinen stadt" zum "Pollnischen wesen" 32 Rheinische Gulden, die er am 1.Mai 1580 zurück erhielt; bei dieser Gelegenheit wurde er als der "Ersamb Steffan Lämbl, bürger und Chramer alhie" bezeichnet. Tags darauf erlegte er beim Oberkammer-Amt 100 Gulden als Abschlagszahlung für erkaufte Kaufmannswaren im Werte von 500 Gulden. Er war diese Summe laut einer hinterlassenen Rechnung des verstorbenen Bürgers Christof (Fättigen/Fatiga? - schwer lesbar), der "gemainer stadt gewöster Sürßtenwein einkauffer" war, schuldig geblieben [33]. Das in der Handschrift als "Sürßtenwein" zu lesende Wort dürfte "Süßenwein" heißen, wovon in anderen Rechnungen die Rede ist, wobei Muskateller und andere Sorten angeführt sind. Eine andere beliebte Handelsware aber war sizilianischer Wein aus Syracus, so dass das fragliche Wort auch als "Syracuser" Wein gedeutet werden kann. Steffan Lämbl handelte also mit italienischem Wein, wird aber kaum völlig auf dieses Produkt spezialisiert gewesen sein, denn die meisten Wiener Kaufleute handelten mit allen möglichen Waren, wobei Wein freilich eine wichtige Rolle spielte [34].

Im Jahre 1579 wurde Stephan Lambl als einer von sechs Sprechern der Wiener Protestanten genannt [35]. Es ist kein Dokument aus den vorhergehenden Jahren bekannt, das aufzeigt, wie er zu dieser exponierten Funktion kam. Seit dem Augsburger Religionsfrieden war Wien fast ganz protestantisch geworden. Sogar Kaiser Maximilian der II. war den Protestanten zugetan, hatte sich jedoch 1562 einem Treuegelöbnis unterwerfen müssen, als Katholik leben und sterben zu wollen [36]. So musste er auch zögern, die freie Religionsausübung zu erlauben. Den oberen Ständen der Herren- und Ritterschaft, auf die Maximilian angewiesen war, war die Religionsfreiheit gestattet, nicht aber den Bürgern, die freilich in großer Zahl zu den evangelischen Predigern in den Stadthäusern und Landsitzen des Adels strömten. Nur in einem Saal des Landhauses durfte evangelischer Gottesdienst gehalten werden, wofür die Stände die Staatsschuld von zwei Millionen Gulden übernahmen.

Eine sich abzeichnende Entwicklung zur religiösen Toleranz nahm 1576 ein jähes Ende, als Maximilian starb. Sein Nachfolger, Rudolf der II., griff sofort hart durch. 1578 wurde jegliche Art lutherischer Religionsausübung verboten; die evangelischen Landhausprediger wurden unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ausgewiesen; der Innere Rat erhielt wieder eine katholische Mehrheit [37].

Anfang 1579 wurden Supplikationen um Freigabe der Religion vorgebracht. Im Juli fanden diese aussichtslosen Bemühungen ihren Höhepunkt, als über 5000 Bürger vor der Hofburg zusammenströmten. Bei diesem "Fußfall der Fünftausend" war Stephan Lambl einer der sechs Sprecher der Protestanten, die sich bis zum äußerst erbosten Statthalter Erzherzog Ernst, dem Bruder des Kaisers, vorwagten und ihm eine Bittschrift überreichten, die später als "Sturmpetition" bezeichnet wurde [37a].

Dieses Ereignis blieb jedoch ohne Erfolg. Vielmehr wurden unter den Protestanten diejenigen, die als Rädelsführer galten, vor die Wahl gestellt, katholisch zu werden oder auszuwandern. Dazu wurde eine Frist von fünf Jahren gesetzt [38]. Genau nach Ablauf dieser Frist, 1584, erschien Steffan Lemmel, offenbar als Flüchtling, in seiner Heimatstadt Schneeberg und wurde dort als Ehrengast vom Rat bewirtet, der "etliche Kannen Wein dem Steffen Lemmel aus Wien auf seiner Wirtschaft verehrt" [39].

Der erste Sprecher der Protestanten, Kaspar Huethofer, der nicht wie Steffan Lemmel einen Zufluchtsort hatte, richtete ein Bittgesuch an den Kaiser, in dem er in drastischer Weise das harte Schicksal der Verbannung schilderte: "Wo ich hinkomme, bin ich leider ein Fremdling, darf ... an keinem Ort aus mängel Eur. R.K.M. Bewilligung mich häuslich einrichten ... bin ich allenthalben ein verlassener ellender Mann, der lieber tot sein wollte, als dass ich mein selbst, auch meiner armen unerzognen Weib und Kinder groß Elend, denen kunftig nichts anders als das Bettelbrot zu empfahen bevorsteht, anschauen und mit Bitterkeit beweinen solle." Des Kaisers Bescheid lautete kurz und hart: "Abgeschlagen!" [40].

Steffan Lemmels Frau, Margarete geborene Hermann, konnte noch in Wien bleiben, wohl um den Besitz zu verwalten oder auch aus Gesundheitsgründen. Fast am selben Tag, an dem ihr Mann in Schneeberg bewirtet wurde, machte sie in Wien ihr Testament. Ein knappes Jahr später starb sie. Im Testament sind zwei kleine Kinder genannt, Hans und Magdalena [41]. Magdalena heiratete 1606 in Wien den Hans Gall [42]. Der Verbleib des Sohnes Hans ist noch unbekannt.

Überraschenderweise kam Steffan Lemmel noch einmal nach Wien zurück. Im Juli 1590 erlegte "Herr Stephan Lämblin" beim Oberkammeramt 100 Gulden als weitere Abschlagszahlung der 1580 schuldig gebliebenen 400 Gulden. Dabei ist angegeben, dass dieser Abschlag schon 1582 fällig gewesen wäre [43]. Die Rückzahlung wurde also bisher durch die Vertreibung verhindert. Vermutlich kam Steffan Lemmel nach Wien zurück, um hier seinen Besitz aufzulösen, wozu er wohl eine Vereinbarung mit dem Oberkammeramt getroffen haben mag. Auffallend ist in der Kammerrechnung der ehrende Titel "Herr", der üblicherweise einem Ratsherrn zukommt. Womöglich lebte er nun an seinem unbekannten Zufluchtsort in einer Position, in der ihm dieser Titel zukam.

Nachträgliche Ergänzung: Vermutlich lebte er in einem noch protestantischen Teil der Oberpfalz, siehe "Die Nürnberger Lemmel in der Oberpfalz "

[31]    Vgl. Anm. [1] und [16].
[32]    WStLA, Hs.433. Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur; Manuskript Wien 1957ff. - Zu Habsburgergasse 3: Band 6/2 S.339f; zu Graben 26: Band 1/1 S.127.
[33]     WStLA, Oberkammeramtsrechnung 1580 fol.113v Nr.640; fol.90; 1590 fol.50.
[34]    Engel-Janosi, Anm. [5].
[35]    Berichte der kais. Hofkanzlei: "Summarium aller Ungebühr so vom Martio des 79. Jahres bis auf den September desselben Jahres in Religions- und Landtagssachen zu Wien fürgeloffen". - Vgl. Victor Bibl: Die Einführung der katholischen Gegenreformation in Niederösterreich durch Kaiser Rudolf II. (1576-1580), Innsbruck 1900, S.139, dazu Beilagen L und M. - Anton Mayer, Geschichte der Stadt Wien (Hg. Alterthums-Verein zu Wien) Band 4, Wien 1911, S.121.
[36]    Grete Mecenseffy: Maximilian II. in neuer Sicht, in: Jb. der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich Band 92, 1976, S.42ff.
[37]    Mecenseffy, Anm. [5].
[37a]    Karl Josef Mayr: Wiener Protestantengeschichte im 16. u. 17. Jh.; in: Jahrbuch der Ges. für die Gesch. des Protestantismus in Österreich, Jg.70, 1954, S.97.
[38]    Richard Matt: Die Wiener protestantischen Bürgertestamente, in: Mitt. VGStW Band 17, 1938.
[39]    Vgl. Anm. [16].
[40]    Matt, Anm. [38].
[41]    WStLA, Testament 1301/16.Jh. - Im Testament 979/16.Jh. hat 1580 ein Andreas Hermann, vielleicht ein Verwandter von Steffan Lemmels Frau, eine in Dittersdorf in Schlesien verheiratete Schwester: vielleicht ein Indiz für Handelsbziehungen Steffan Lemmels nach Schlesien.
[42]    Kirchenbuch St.Michael, Wien. - Ein Hans Gall ist 1606 als Bruder des Baders bei der Himmelporten Caspar Gall in dessen Testament erwähnt (Testament 640/17.Jh.). Weder in diesem Testament noch in jenem seiner Frau (Testament 267) ist der Name Lemmel erwähnt.
[43]    Vgl. Anm. [33].


4. Hans Lemmel, Kaufmann und Ratsherr in Wien (1557-1601)
Steffan Lemmels älterer Bruder (oder Vetter) Hans, der Handelsmann und Ratsherr, hielt sich weiterhin in Wien, womöglich weil er für die heikle Aufgabe bei der Sturmpetition Steffan vorgeschickt hatte.

Johann Lemmel besuchte ab 1541 in Schneeberg die Lateinschule [44]. Im März 1557 wurde er im Alter von 26 Jahren Bürger in Wien, und zwar als "Hans Lembl, Kramer" [45]. Obgleich das Wort Kramer einen Kleinkaufmann bezeichnete, muss man sowohl aus seiner Herkunft als auch aus seinem späteren Reichtum schließen, dass er ein Großkaufmann war.

Kurz nach Erlangung des Bürgerrechts heiratete er Ursula, die Tochter des Wiener Ratsherrn Christoph Pirkheimer [46]. Diese Heirat ist besonders interessant, denn Beziehungen zwischen den Familien Lemmel und Pirkheimer bestanden schon im 15. Jh. in Nürnberg. Dort war ein Hans Lemlein von 1450 bis zu seinem Tod 1473 Ratsherr und zeitweise Bürgermeister. In seiner Amtszeit war der Geistliche und Humanist Dr. Thomas Pirckheimer mehrmals in diplomatischer Mission in Rom im Dienste der Reichsstadt Nürnberg; er starb ebenfalls im Jahr 1473 [46a]. Hans Lemlein und Thomas Pirckheimer müssen sich gekannt haben. Vermutlich ein Neffe des Dr. Thomas Pirckheimer war der in Wien lebende, angeblich aus Bayern stammende Thomas Pirckheimer, der 1504 in der Wiener Minoritenkirche beigesetzt wurde; er muss der Großvater des älteren Wiener Christoph Pirckheimer sein, des Schwiegervaters des Wiener Hans Lemmel. - Freilich ist der Wiener Thomas Pirckheimer in den veröffentlichten Pirckheimer-Stammtafeln nicht verzeichnet, und einen Nachweis für seine Herkunft konnte ich bisher nicht erbringen.

1565 übernahm Hans Lemmel das Haus seines Schwiegervaters, heute Habsburgergasse 3, damals Preidenstraße. Für dieses Haus ist 1566 im Hofquartierbuch eingetragen: "Hanns Lembell, Handelsmann, bürgerlich".

1572 erbte er von den Großeltern seiner Frau, Philipp Harmer und Frau Magdalena, ein Haus am Graben, jetzt Nr.26. Vielleicht wohnte er dort vorübergehend, während er das Haus in der Preidenstraße neu erbaute oder ausbaute [48]. Später lebte er jedenfalls wieder in der Preidenstraße, wo er auch seinen Handel betrieb [49].

Hans Lemmels Haus in der Habsburgergasse ist das zweite linker Hand vom Graben aus, liegt also in einer der besten Gegenden des alten Wien. Am anderen Ende dieser Gasse liegt die Michaelerkirche, die - direkt vor den Toren der Hofburg gelegen und formell weiterhin eine Vikariatskirche von St.Stephan - damals von den Protestanten bevorzugt wurde. Hier war Hanns Lämbl 1572-1577 Kirchmeister [50]. Auch die Heiratseinträge seiner Kinder sind hier verzeichnet [51].

Spätestens seit 1574 war Hans auch Mitglied des Äußeren Rats [52], dem er bis zu seinem Tod im Jahre 1601 angehörte. Nach der Stadtordnung von 1526 gab es neben dem 25-köpfigen Stadtregiment (Bürgermeister, 12 Innere Räte, 12 Beisitzer des kaiserlichen Stadtgerichtes) etwa 25 Mitglieder des Äußeren Rats, zu deren Wahl die Regeln bestimmten, dass insbesondere namhafte neu zugezogene Personen
bedacht werden sollen, sobald sie in Wien ein Haus besitzen und sonst tauglich erscheinen.
 
Die Michaelerkirche in Wien. Hier war Hans Lemmel Kirchvater.
Im rechten Bild die Eingangsfront von der Hofburg aus gesehen. Im linken Bild die Rückseite der Kirche.
Rechts im linken Bild endet die Habsburgergasse, an deren anderem Ende am Graben Hans Lemmel sein Haus hatte.
Im niedrigen Haus sind die unter Hans Lemmel "neu erbauten Läden".

Die Äußeren Räte, unter denen die Handelsleute dominierten, hatten die Funktionen, das Grundbuch zu führen und Steuern einzunehmen [53]. Alle diese Kriterien und Funktionen trafen auf Hans Lämbl zu. Als "Grundbuchshändler" ist er 1589 bis 1592 nachgewiesen [54]. In dieser Eigenschaft ist er 1592 in einer Stiftungsurkunde genannt, unter der sein Siegel erhalten ist [55]. Als Kirchmeister von St.Michael [56] hatte er das Baubudget dieser Kirche zu führen. So erlegte er 1574 beim Oberkammermat 300 Pfund "wegen der bei Sankt Michael neu erbauten Läden" [58].

In der Folge ist er mehrfach in den Rechnungsbüchern des Oberkammeramts aufgeführt [59]: 1575 erlegte er auf ein Jahr ohne Interesse 100 Rheinische Gulden als "entlehent gelt so der Römischen Kayserlichen Majestät fürgestreckt worden". 1576 zahlte er ebenso 200 Gulden, die ihm 1580 zurückgezahlt wurden. 1582 zahlte er ebenso 100 Gulden, die 1590 zurückgezahlt wurden.

Dies ist ein Beispiel dafür, wie der Kaiser aus finanziellen Gründen immer wieder Rücksicht auf die Protestanten nehmen musste. So blieb nach der Ausweisung der Wortführer der "Sturmpetition" der Äußere Rat, und mit ihm Hans Lämbl, weiterhin protestantisch, obgleich Kaiser Rudolf der II. und seine Erzherzoge Karl und Ernst es durchsetzten, dass der Innere Rat wieder eine katholische Mehrheit bekam [60]. Selbst in kaiserlichen Diensten hielten sich weiter Protestanten: Kaiserlicher Verwalter der Katterburg, an deren Stelle heute das Schloss Schönbrunn steht, war ein Adam Schreyer; Hans Lämbls Sohn Martin heiratete 1588 als Protestant dessen Witwe [61].

Weiters verzeichnen die Rechnungen des Oberkammermats Darlehen des Hans Lämbl zu "der Stadt Notdürften" [62]: Im Dezember 1979 300 Taler auf einen Monat; 1584 50 Gulden und 1585 35 Gulden, die jeweils nach einigen Monaten zurückgezahlt wurden; schließlich 1590 200 Gulden, die in mehreren Raten in den folgenden Jahren zurückgezahlt wurden.

[44]    Vgl. Anm. [16]
[45]    Vg.. Anm. [11]
[46]    Herrer-Lucienfeld, Anm. [32]
[46a]    Theodor Neuhofer: Die älteren Pirckheimer und Eichstätt. In: Sammelblatt des Hist.Vereins Eichstätt Bd.64 1971 S.85. - Arnold Reimann: Die älteren Pirckheimer, Leipzig 1944.
[47]    Hofquartierbuch von 1566. Laut Albert Camesina R. v. San Vittore: Urkundliche Beiträge zur Geschichte Wiens im 16. Jh., Wien 1881, S.7.
[48]    Habich und Dworschak, Anm. [4]: "Hans Lemmel erscheint als Wiener Hausbesitzer, der sein Anwesen in der Preidenstraße zwischen 1567 und 1586 neu erbaute." - Ernst Birk: Materialien zur Topographie der Stadt Wien in den Jahren 1563-1587, in: Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereins zu Wien Band 10, 1869, S.104f: ca 1567-1568 zu datierendes Hofquartierbuch "Hanss Lämmels hauss, von neuen erpaut" unter Preydenstraß 139, 137; Hofquartierbuch 1587 "Hannss Lemmel, handelsman" unter Breidtenstraß 137.
[49]    Harrer-Lucienfeld, Anm. [32].
[50]     WStLA, Zettelkasten "Varia"; Oberkammermatsrechnung 1574 fol.102, 29. Dezember.
[51]    Vgl. Anm. [42].
[52]    Vgl. Anm. [50].

[53]    Johanne Pradel: Die Wiener Ratsbürger im ersten Drittel des 17. Jh., Diss. Univ. Wien 1972.
[54]    WStLA, Zettelkasten "Varia": 1589-1591 Hans Lämbl, Grundbuchshändler.
[55]    Vgl. Anm. [7].
[56]    Vgl. Anm. [50]
[57]    Perger, Anm. [5].
[58]    WStLA, Oberkammeramtsrechnung 1574 fol.102, 29.Dezember.
[59]    Ebenda, 1575 fol.210, 27. Jänner; 1579 fol.54v, 8.Dezember; 1580 fol.100 und 100v; 1584 fol.42; 1584 fol.107v Nr.631, 12.November; 1585 fol.87 Nr.465; 1586 fol.44v und 87; 1587 fol.129v Nr.484; 1590 fol.67 und 226v, 14.Jänner, und 251v Nr.549; 1592 fol.163 Nr.592; 1593 fol.139v Nr.649.
[60]    Mecenseffy, Anm. [5].
[61]    Merth Lampl heiratet am zweiten Sonntag nach Weihnachten 1588 in Wien St.Michael Anna, die Witwe nach Adam Schreyer, kais. Pfleger zu Katterburg. Verkündbuch St.Michael, Regest im WStLA; vgl. Herbert Mansfeld, Trauungsmatrikel, Beilage zur Zeitschrift "Die Matrikel" Jg. 1935/1936. - Es ist nicht ganz sicher, ob dieser Merth Lampl mit dem gleichnamigen Sohn des Hans Lämbl identisch ist; die Identität erscheiont jedoch wahrscheinlich, da Hans Lämbls Sohn Martin laut Testament der Mutter "eine gute Zeit" vor 1592 heiratete.
[62]    Vgl. die in Anm. [59] angeführten Belegstellen.

6. Hans Lemmels Testament
Im Juli 1601 machte "Hanns Lämbl, Bürger des Äußeren Rats allhie zu Wienn" sein Testament; seine Frau Ursula hatte ihr Testament bereits 1592 gemacht [63]. Beide Testamente wurden im Oktober 1601 geöffnet. Zeugen waren die Bürger des Äußeren Rats Marx Luz, Friedrich Graf, Lorenz Khuner, Michael Rorer sowie der Apotheker Anton Robiz. Graf und Rorer wurden, wie zuvor Lämbl, auch mit "Grundbuchshändler" tituliert. Luz ist der selbe, der bereits 1579 bei der "Sturmpetition" gemeinsam mit Steffan Lambl als Protestantensprecher auftrat. Die Familie Graf war ebenfalls protestantisch: noch 1614 bedachte Leopold Graf, des Äußern Rat, in seinem Testament den Prädicanten zu Hernals, wobei Hans Lämbls Schwiegersohn, Herr Sylvester Pöger, Gemainer Statt Grundtbuchshandler, als Zeuge genannt ist [64]. 1601, als Hans Lämbl sein Testament machte, konnte er es noch wagen hineinzuschreiben, dass er auf dem neuen Gottesacker vor dem Schottentor bestattet werden wolle, dem Friedhof der Protestanten. In anderen Testamenten wurden bereits vorsichtigere Formulierungen verwendet, aus denen die Konfession nicht ohne weiteres ersichtlich ist [65].

Das Testament weist ein beträchtliches Vermögen aus. Hans hinterließ vier Kinder: einen Sohn namens Martin; die Tochter Rosina, die mit dem Handelsmann Andreas Prunz/Brontz verheiratet ist; die Tochter Margarete, die 1598 den Äußeren Rat und Handelsmann Sylvester Peger/Poger/Pegerer heiratete [66]; sowie die Tochter Maria, die 1601 mit Hans Koller verheiratet war. Ein weiterer Sohn, Michael, starb als Kind. Jedem der Kinder vermachte er einen Geldbetrag, zusammen 2683 Gulden. Eine fast gleich große Summe vermachte seine Frau Ursula den Kindern in ihrem Testament. Weiter sind 24 Posten an silbernen Bechern, Löffeln und Schmuckstücken im einzelnen angeführt und beschrieben, die zusammen 466 Lot wiegen. Sein Haus in der Preiden- oder Preinerstraße mit dem Handelsgeschäft und dem Inventar bekam der Schwiegersohn Hans Koller, der aber wohl alsbald starb, denn 1607 war das Haus bereits im Besitz von Maria Lämbl und ihrem (zweiten) Mann Moriz Prian/Pudian [67].

        
Das Testament von Ursula, Hannsen Lämbl deß Äußern Rath und Burgers zu Wienn ehelicher Hausfrau.

Erwähnenswert ist, was er seinen drei Enkeln, den Kindern des Martin, vermachte. Der Enkel Hans Lämbl bekam Petschaft und Siegel. Er hatte ja den selben Namen wie der Großvater und konnte daher das Siegel weiter verwenden. Der Enkel Ludwig Lämbl bekam einen goldenen dreifachen "Denkring", was immer das sein mag, vielleicht ein Trauring mit eingravierten Daten. Die Enkelin Barbara aber bekam einen Geldbetrag mitsamt "dem ungarischen Dukaten", wohlgemerkt nicht mit "einem" ungarischen Dukaten. Das muss also etwas Besonderes sein. Vermutlich hat Hans Lämbl noch 1601 einen von den eingangs erwähnten ungarischen Goldmünzen besessen, die der Kammergraf Hans Lemmel 1438 geprägt hatte. Dieser Dukat hatte im Testament den gleichen persönlichen Wert wie Petschaft und Denkring.

[63]    WStLA, Testamente 223 und 222. - Im Index zu den Testamenten ist für Nr.222 Ursula Lambl "von Penzing" angegeben; es ist unklar, worauf sich diese Herkunftsangabe, die im Testament selbst nicht vorkommt, bezieht.
[64]    WStLA, Testament 1623.
[65]    Matt, Anm. [38].
[66]    Heiratsmatrikel St.Michael, Wien. Vgl. Mansfeld, Anm. [61].
[67]    Harrer-Lucienfeld, Anm. [32].

7. Hans Lemmels Stellung in Wien
Die wenigen bekannten Urkunden geben nur beschränkten Aufschluss über Hans Lemmels Persönlichkeit. Ausschlaggebend für seine Zukunft dürfte die Heirat mit Ursula Pirkheimer gewesen sein. Der Schwiegervater, Christoph Pirkheimer der Ältere, war Ratsherr [68], Doktor der Rechte und Reichshofrat [69]. Vermutlich entstammte er der bekannten gleichnamigen Nürnberger Ratsfamilie [70], die im 15. Jahrhundert mit den Bamberger Lemlein/Lemmel verschwägert war. Ob um 1550 noch Beziehungen zwischen beiden Familien bestanden und ob dies der Grund war, dass Hans Lemmel nach Wien kam, ließ sich nicht feststellen.

Hans Lemmels Schwager Christoph Pirkheimer der Jüngere war Rektor der Wiener Universität und Niederösterreichischer Regierungskanzler. Lucas Lausser, der ab 1575 im Äußeren Rat war und 1608-1609 Bürgermeister wurde, war ebenfalls mit einer Tochter Pirkheimer verheiratet und somit Hans Lemmels Schwager [71]. Diese Verwandtschaften erbrachten wichtige politische Kontakte.

Als Kaufmann muss man Hans Lemmel zu der recht kleinen Gruppe der wohlhabenden Handelsherren rechnen. Die reichlich 5000 Gulden, die seine Kinder erbten, waren für Wiener Verhältnisse beträchtlich angesichts der Tatsache, dass es im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts nur zehn Testamente gibt, die einen Geldbetrag von mehr als 10.000 Gulden aufweisen. Darunter erscheint Wolf Pramer mit 60.000 Gulden als der reichste, in großem Abstand vor Lazarus Henckel mit 20.000 Gulden. Wolf Pramers Schwiegersöhne waren der Kremser Ratsherr und Kaufmann Hans Koller sowie der Äußere Rat und Handelsmann Andre Pruns [72]. Hans Koller und Andreas Pruns sind aber auch als Schwiegersöhne von Hans Lemmel in seinem Testament genannt. Prunz dürfte in erster Ehe Rosina Lemmel, in zweiter Ehe Catharina Pramer geheiratet haben. Im Falle Koller wird man eher zwei gleichnamige Vettern annehmen müssen. Ein dritter, jüngerer Hans Koller, Enkel von Wolf Pramer, war wiederum mit Hans Lemmels Schwiegersohn Sylvester Poger verschwägert [73]. Da Ehe und Geschäft in dieser Zeit auf einander zu folgen pflegten, lässt die dreifache Verschwägerung zwischen Lemmels und Pramers Nachkommen mit großer Wahrscheinlichkeit auf intensive Geschäftsverbindungen zwischen beiden schließen. Da hierüber freilich keine erhaltenen Urkunden bekannt sind, lässt sich nicht sagen, welcher Art im einzelnen diese Geschäftsverbindungen gewesen sein mögen.

Von Wolf Pramer ist insbesondere sein Venedighandel bekannt [74]. So geht man wohl nicht fehl, Hans Lemmels Handelsinteressen in der gleichen Richtung zu suchen, zumal ja für seinen Bruder Steffan Handel mit Südwein nachgewiesen ist. In Anbetracht seiner Herkunft aus dem sächsischen Erzgebirge könnte sein Handel darin bestanden haben, Wein und andere Handelsgüter Venedigs zur Versorgung der Bergarbeiter ins Erzgebirge zu führen, womöglich im Austausch gegen dortige Metallerzeugnisse [75]. Es bestand aber auch eine Beziehung nach Regensburg. Der Sohn Martin Lämbl, der im April 1602 in St.Michael die Sophie Schrader, Tochter eines Wiener Bürgers und Handelsmannes, geheiratet hatte, heiratete am 10.Juli 1605 in St.Stephan die Christiana, Tochter von Hans Riederer, Bürger zu Regensburg [76].

[68]    Pradel, Anm. [53].
[69]    Quellen zur Geschichte der Stadt Wien Band I/5, Wien 1906, Nr.5540 vom 12. Juni 1579.
[70]    Arnold Reimann: Die älteren Pirckheimer (bis 1501), Leipzig 1944.
[71]    Czeike, Anm. [5], S.168.
[72]    Pradel, Anm. [53].
[73]    Nach Pradel heiratete Sylvester Poger in erster Ehe Margarethe Lämbl, in zweiter Ehe die Witwe nach Hans Andre; die Stieftochter Elisabeth Andre heiratete Hans Koller, den Enkel von Wolf Pramer.
[74]    Csendes, Anm. [5].
[75]    Diese Annahme wird möglicherweise dadurch unterstützt, dass vielleicht auch ein Bergunternehmer Siegmund Lemmel aus Schneeberg Bürger zu Wien wurde, wobei die Frage der Identität aber noch unklar ist. - 1572 wird Siegmund Lemmel in Schneeberg mit einem Stollen belehnt (Bergarchiv Freiberg, Schneeberger Bergverleihbücher; laut Ernst Költzsch, vgl. Anm. [16]). Dies ist die einzige bekannte Nennung dieses Bergunternehmers im Erzgebirge. Kurz darauf, 1574/1575, wurde in Wien der Bürger Sigmundt (Lemuel/Lemmüel/Leimmel?) mit seiner Frau Barbara (Helner?) genannt, wobei die Namen schlecht lesbar sind (WStLA, Oberkammeramtsrechnungen 1574/1575 fol.115, 202, 547).
[76]    Heiratsmatrikel St.Stephan, Wien.

8. Gegenreformation
Nach 1605 findet sich in den Wiener Urkunden nichts mehr über die Familie. Der Sohn Martin Lämbl dürfte alsbald abgewandert sein, wohin war lange unklar. Man hatte vermutet, dass er in die Schweiz ging, wo alsbald eine protestantische Familie Lemmel unbekannter Herkunft auftauchte [77]. Dann aber stellte sich heraus, dass er über Regensburg in den Oberpfälzer Wald gelangte, wo dann seine Nachkommen lebten. Aber das ist eine andere Geschichte [77a].

Als Amtsnachfolger des 1601 verstorbenen Hans Lemmel kann man seinen Schwiegersohn, den Handelsmann Sylvester Poger, ansehen, der seit 1603 im Äußeren Rat und 1604 als Grundbuchshandler nachgewiesen ist. 1618 war er einer der beiden Interessenvertreter der protestantischen Bürgerschaft, war dann aber 1623 völlig verschuldet und konvertierte [78].

Hundert Jahre später zeigt auch die Familiengeschichte, dass die Aufsässigkeit der Protestantenzeit inzwischen der wieder hergestellten kaiserlichen katholischen Autorität gewichen ist. Um 1700 wanderten verschiedene Lemmel neuerlich nach Wien ein, darunter katholisch gewordene Nachkommen der Wiener Protestanten Hans und Steffan Lemmel: Johann Georg Franz Lemmel als "kays. N.Ö. geheimber Canzlei-Registraturverwandter" [79]; Sebastian Lemmel, Sohn eines Ratsherrn in Waldthurn in der Oberpfalz, als "kays. Laiblaquai, auch Stiflwischer" [79]; Christoph Lemmel als "kays. Hartschier-Trompeter" [80]; Johann Stephan Lemmel als "kayserl. Obrist Postambtsofficier und gleichmäßiger Courier", der als "reitgeldt nach Barcellona" 2000 Gulden erhielt [80].

[77]    Ein um 1600 geborener protestantischer Hans Lämmel/Lemmel unbekannter Herkunft lebte "in der Schweiz", sein Sohn Peter heiratete am 24. November 1668 in Melsheim im Elsass (Kirchenbuch Melsheim, laut Peter Bieber).
[77a]    Hans-Dietrich Lemmel: Die Nürnberger Lemmel in der Oberpfalz, 2007.
[78]    Pradel, Anm. [53].
[79]    Kirchenbücher St.Stephan, Wien. - WStLA, Testamente und Totenbeschauprotokolle.
[80]    Hofkammerarchiv Wien, Index-Bände der Hofkammerrechnungen (144-162).


Ende